Düsseldorf Düstere Finanzprognose für NRW

Düsseldorf · Montag stellt eine Sonderkommission des Landes ihren Bericht zur Tragfähigkeit der Landesfinanzen vor. Die Analyse ist deprimierend. Aber der Bericht enthält auch 178 Tipps zum Kampf gegen den Finanzkollaps.

Region: Diese Städte sollen ab 2014 den "Kommunal-Soli" zahlen
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Region: Diese Städte sollen ab 2014 den "Kommunal-Soli" zahlen

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Foto: dpa, Oliver Berg

Die Warnung vor dem Finanzkollaps steht auf Seite 212: Die "Auswirkungen des demografischen Wandels auf die öffentlichen Haushalte lassen erwarten, dass die Finanzsituation für Land und Kommunen eher schwieriger wird als in der Vergangenheit". Schon sind 174 NRW-Kommunen nahezu pleite. Das Land beginnt mit dem Abbau seiner 137 Milliarden Euro Schulden frühestens 2020. Und dann wird alles noch schlimmer?

Als der Landtag 2013 eine Enquetekommission "zur Bewertung der Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte in NRW" ins Leben rief, ahnte er: Angesichts der Schrumpfung und der gleichzeitigen Alterung der Bevölkerung stehen "schwerwiegende Konsequenzen" bevor. Montag stellt die Kommission ihren Bericht vor. Das 380-seitige Papier liegt unserer Redaktion exklusiv vor. 150 Seiten Analyse nehmen unter anderem die Zukunft der Verwaltung, der Bildung, der Infrastruktur und der Landesfinanzen unter die Lupe. Und kommen immer wieder zum selben Ergebnis: Wenn aus den Flüchtlingen von heute nicht die Steuerzahler von morgen werden, wird es eng. Denn bei anhaltend hohen Kosten für Verwaltung und Infrastruktur und wachsenden Kosten für die Sozialsysteme nimmt die Gruppe derer, die alles bezahlen, aller Voraussicht nach rapide ab.

Der Bericht enthält 178 Empfehlungen, denen mit Ausnahme der Piraten alle Kommissionsmitglieder parteiübergreifend zustimmen. Der Preis für die Einigkeit: Viele sind allgemein, andere werden durch Kommentare einzelner Parteien im Anhang relativiert. Beispiele:

Zuwanderung Im Ausland erworbene Abschlüsse sollen "schneller anerkannt" und ein "Rechtsanspruch auf Anpassungsqualifizierung umgesetzt" werden, um schneller an Fachkräfte aus dem Ausland zu kommen.

Frauen sollen durch Beratung und Unterstützung mehr Möglichkeiten bekommen, "zeitnah nach der Geburt eines Kindes wieder an den Arbeitsplatz zurückkehren zu können".

Rentner Die Kommission fordert mehr "Anreize für die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer über die gesetzliche Altersgrenze hinaus".

Kinder Das Land soll den Kommunen nicht nur Geld entsprechend eines Bevölkerungsschlüssels zuweisen, sondern im Rahmen eines "Kind-Faktors" kinderfreundliche Kommunalmaßnahmen belohnen.

Jobs Die Landesregierung soll "verstärkt Unternehmen fördern, die sich noch in der Verlustphase ihrer Neugründung befinden". Später werden diese oft Jobmotoren.

Internet Die "Verfügbarkeit von Breitband sollte prioritär behandelt werden", weil das Netz auch auf dem Land Voraussetzung für Wirtschaftswachstum ist.

Bildung Mehr Betriebskindergärten zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Prüfung der Förderung von gemeinschaftlichen Kindergärten benachbarter Unternehmen. "Überzeugungsoffensive", um mehr Lehrer für naturwissenschaftliche Fächer zu gewinnen.

Gesundheit Medizinische Versorgungszentren im ländlichen Raum als Ausgleich zur Ärzte-Landflucht. Delegation von Routineversorgung an nichtärztliche Fachkräfte.

Infrastruktur Neuer "Infrastrukturfonds" als Sondervermögen des Landes, in dem alle Förder- und Investitionsprogramme gebündelt werden.

Finanzen Einrichtung eines "Demografiebudgets", das ungünstige Bevölkerungsentwicklungen puffern soll. Regelmäßige Aufgabenkritik: Was kann der Staat delegieren?

(RP)
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