Zeitfaktor spricht für ein Verfahrens-Ende NPD-Verbotsverfahren vor dem Aus

Karlsruhe (rpo). Erst am 18. März entscheidet das Bundesverfassungsgericht über den NPD-Verbotsantrag. Doch immer mehr mehren sich die Zeichen, dass die Richter den Antrag abschmettern werden.

In den Reihen der Antragsteller jedenfalls sinkt die Hoffnung, dass das von zahlreichen Pannen gebeutelte Verfahren gegen die rechtsextremistische Splitterpartei doch noch Erfolg haben könnte. Theoretisch ist das zwar noch möglich - doch deutet einiges darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht die Anträge von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung am 18. März abschmettern wird.

Vor allem der Zeitfaktor spricht eher für ein Ende des Verfahrens. Im Termin vom 8. Oktober hatte der Zweite Senat mit den Beteiligten in aller Ausführlichkeit erörtert, ob das Verfahren nach dem Auftauchen zahlreicher V-Leute des Verfassungsschutzes in den Reihen der NPD noch zu retten ist. Und das Grundsatzproblem war eigentlich schon davor klar: Darf eine massiv von Spitzeln im staatlichen Sold durchsetzte Partei verboten werden, obwohl das Grundgesetz schon für den Normalfall höchste Hürden für ein Parteiverbot errichtet hat?

Kurze Beratungszeit und rasche Entscheidung

Deshalb gingen Beobachter von einer kurzen Beratungszeit und einer raschen Entscheidung aus. Seither sind immerhin fünf Monate verstrichen - ein ungewöhnlich langer Zeitraum, der dem Vernehmen nach auf Meinungsverschiedenheiten unter den Richtern zurückzuführen ist. Sollten die Positionen im Senat - der im NPD-Prozess ausnahmsweise mit nur sieben Richtern besetzt ist - unvereinbar geblieben sein, dann ist ein Ende wahrscheinlich: Wegen des Zwei- Drittel-Quorums bei Verbotsverfahren genügt schon das Nein zweier Richter, um die Anträge scheitern zu lassen.

In Medienberichten war zudem darüber spekuliert worden, dass die Termineinladung des Gerichts - in der von der "Verkündung einer Entscheidung" die Rede war - auf eine "verfahrensbeendende Maßnahme" hindeute. Zwar drängt sich diese Schlussfolgerung nicht auf. Doch zumindest signalisiert der Zweite Senat mit der Anberaumung eines eigenen Verkündungstermins, dass er seiner Entscheidung besondere Bedeutung beimisst und sie vor den Augen der Öffentlichkeit begründen will.

Freilich wäre eine Fortsetzung dieses beispiellosen Verfahrens mindestens ebenso begründungsbedürftig wie seine Einstellung. Denn das Auftauchen immer neuer V-Leute - in den vergangenen Jahren hat nach Angaben der Antragsteller jeder Siebte aus der NPD-Führungsebene Spitzeldienste geleistet - machte es dem Gericht in einem rechtsstaatlich derart sensiblen Verfahren unmöglich, über die staatliche Verstrickung in die rechtsextremistische Partei hinwegzusehen. Zudem standen mit den beiden langjährigen NPD- Führungsfunktionären Wolfgang Frenz und Udo Holtmann echte "Hochkaräter" in staatlichen Diensten.

Verantwortung für eventuelles Scheitern liege bei den Verfassungsschutzämtern

Sollte das Verfahren tatsächlich scheitern, dürfte die Verantwortung dafür vor allem bei den Verfassungsschutzämtern von Bund und Ländern liegen. Ihnen waren die unter politischem Druck eilig angefertigten Verbotsanträge rechtzeitig zur Prüfung vorgelegt worden. Doch sie warnten die damit befassten Juristen nicht davor, dass sie zum Beweis der Verfassungsfeindlichkeit der Partei munter NPD-Funktionäre zitiert hatten, die im Nebenjob für den Verfassungsschutz arbeiteten.

Zudem riss die Pannenserie auch nach dem Eklat vom Januar 2002 nicht ab, als die für Februar angesetzte Mammutverhandlung nach der Enttarnung von Frenz abgeblasen worden war. Noch am 8. Oktober konnten die Antragsteller den hartnäckig fragenden Richtern nicht versichern, dass der aktuelle NPD-Bundesvorstand spitzelfrei sei - obwohl sie sich ein Dreivierteljahr darauf vorbereiten konnten. Eine entsprechende Erklärung wurde erst zehn Tage später kleinlaut nachgeschoben.

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