Friedman nimmt Roland Koch unter Beschuss NPD-Verbot weiter umstritten

Hamburg (dpa). Chancen und Notwendigkeit eines Verbots der rechtsextremen NPD bleiben umstritten. Skeptisch äußerte sich am Donnerstag Nordrhein-Westfalens Innenminister Fritz Behrens (SPD). Zumindest in seinem Bundesland rechtfertigten die vorliegenden Erkenntnisse noch kein Verbot der rechtsextremen NPD, sagte Behrens, derzeit Vorsitzender der Innenminister-Konferenz, der "Berliner Zeitung". Auch der ehemalige SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel hält ein NPD-Verbot für problematisch. Die mit der Prüfung eines eventuellen NPD-Verbots beauftragte Bund-Länder-Kommission soll bis Mitte Oktober einen Bericht vorlegen.

Vogel, der auch Vorsitzender des Vereins "Gegen Vergessen. Für Demokratie" ist, sagte der "Thüringer Allgemeinen": "Einen Antrag zu stellen, der nicht in kurzer Zeit und mit Sicherheit zum Erfolg führt, hieße, der NPD eine Agitationsbühne zu geben." Das Problem wäre mit einem Verbot auch nicht aus der Welt. Zudem müssten gleichzeitig andere rechtsextremistische Parteien verboten werden, um zu dokumentieren, dass sie nicht etwas Besseres seien als die NPD.

Experten aus Wissenschaft und Justiz warnten ebenfalls davor, mit einem NPD-Verbot zu große Erwartungen zu verknüpfen. "Mit einem solchen Verbot hören die rechtsradikalen Übergriffe nicht auf, aber es werden in der rechten Szene Märtyrer geschaffen", sagte der ehemalige Vize-Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Ernst Gottfried Mahrenholz, im Fernsehsender Phoenix. Auch der Extremismusforscher Eckhard Jesse sah ein Verbot nicht als wirksames Mittel gegen Intoleranz. Wie der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Paul Spiegel sprachen sich Jesse und Mahrenholz dafür aus, die Ursachen von Gewalt zu untersuchen.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Manfred Kock, warnte im "Publik-Forum" vor einer Einteilung in schädliche und nützliche Ausländer. Die Debatte über ein Einwanderungsgesetz könne damit ein Klima schaffen, "das fremdenfeindliche Übergriffe erst möglich macht", sagte Kock.

Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman, warf unterdessen dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) vor, rechtsradikale Gewalt zu bagatellisieren. Kochs Einschätzung, der Rechtsextremismus werde dramatisiert, sei "ein völlig falsches Signal", sagte Friedman im Saarländischen Rundfunk. Der Kampf gegen Rechts sei "das innenpolitische Problem Nummer eins". Koch hatte die Debatte als "hektisch" kritisiert und betont, es handele sich "um ein paar Tausend fehlgeleitete Menschen". Zugleich forderte er härtere Strafen gegen die Gewalttäter.

Neonazi-Konten geschlossen

Verfassungsschutz-Vize Klaus-Dieter Fritsche begrüßte die Entscheidung mehrerer Geldinstitute, Konten rechtsextremer Parteien und Organisationen aufzulösen. "Die Entscheidung zeigt, dass die Institute das Problem ernst nehmen", sagte der stellvertretende Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz am Mittwochabend im westfälischen Tecklenburg. Die Postbank, die zentrale Spendenkonten von NPD und DVU verwaltet, will alle Neo-Nazi-Konten schließen. Zahlreiche Kreditinstitute hatten dies ebenfalls angekündigt, darunter die Stadtsparkasse Dresden. Sollte der NPD-Kreisverband das Konto nicht auflösen, werde es die Sparkasse tun, hieß es.

Auch die Volksbank Riesa prüft die Kündigung von Krediten an den der NPD nahe stehenden Verlag "Deutsche Stimme". Das ARD-Magazin "Report Mainz" hatte mit seiner Kritik an der Volksbank die bundesweite Banken-Debatte ausgelöst. Die Volksbank hatte eines ihrer Gebäude in Riesa an den Verlag verkauft und die Finanzierung durch einen Kredit gedeckt. Die NPD hatte vorübergehend versucht, die Ausstrahlung des Report-Beitrages zu verhindern.

Die Deutsche Bahn und die Tarifpartner in der Chemie-Industrie kündigten unterdessen an, sich mit eigenen Aktionen am Kampf gegen Rechts beteiligen zu wollen. Insbesondere solle die Aufklärung verstärkt werden.

(RPO Archiv)
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