Zahl der Abschiebungen Nordrhein-Westfalen schiebt zögerlich ab

Düsseldorf · NRW setzt nur jede vierte Rückführung auch um. In Bayern dagegen werden nicht nur aktuelle, sondern auch alte Fälle abgearbeitet.

 Im Vergleich wird in Nordrhein-Westfalen weniger abgeschoben.

Im Vergleich wird in Nordrhein-Westfalen weniger abgeschoben.

Foto: Ferl

Derzeit leben gut 57.000 abgelehnte Asylbewerber in NRW. Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge werden im Spätsommer etwa 70.000 neu abgelehnte Asylbewerber aus der Zuwanderung im vergangenen Jahr hinzukommen. "Die Landesregierung muss rechtsgültige Abschiebungen rigoroser umsetzen. Sonst gerät die Akzeptanz für Flüchtlinge, die wirklich in Not sind, in Gefahr", fordert der flüchtlingspolitische Sprecher der CDU im Landtag, André Kuper.

Amtlichen Statistiken zufolge geht NRW bei Abschiebungen nämlich zögerlicher als andere Bundesländer vor. Nach Zahlen des Ausländerzentralregisters, des Bundesinnenministeriums und der Landesverwaltung wurden in NRW 2015 von je 100 ausreisepflichtigen Flüchtlingen nur 24 auch tatsächlich zurückgeführt. Das heißt, dass nur jeder vierte ausreisepflichtige Flüchtling auch tatsächlich das Land verlassen hat. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 38. In Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel ist die Quote der Rückführungen (das sind Abschiebungen plus freiwillige Ausreisen) doppelt so hoch. In Hessen lag sie 2015 bei 69 Prozent. Bayern (107 Prozent) wies die höchsten Rückführungsquoten auf, weil der Freistaat neben sämtlichen aktuellen Fällen auch noch Altfälle abarbeiten konnte.

Das NRW-Innenministerium betont, dass das Land in absoluten Zahlen mehr Flüchtlinge zwangsweise abschiebe als jedes andere Bundesland. Zudem bestreitet die Landesregierung die Zahlen nicht, bezweifelt aber ihre Aussagekraft. "Diese Quote enthält zum Beispiel auch die geduldeten Fälle", sagte ein Sprecher des Innenministeriums: Flüchtlinge, deren Asylantrag abgelehnt wurde, die aber aus gesundheitlichen oder anderen humanitären Gründen trotzdem vorerst bleiben dürfen. "Von den 57.167 Ausreisepflichtigen sind 44.604 im Besitz einer Duldung und können nicht abgeschoben werden." Die Bedingungen der Duldung unterliegen einem Bundesgesetz; das Problem der Duldung gilt aber auch für die übrigen Bundesländer.

Wichtig ist daher auch, wie rigoros die Länder vorgehen. In NRW galt bis vor Kurzem, dass Flüchtlingen, die abgeschoben werden sollten, frühzeitig die Termine genannt wurden. Das hat die Landesregierung inzwischen unterbunden. Die Praxis hatte zur Folge, dass abgelehnte Asylbewerber sich ihrer Abschiebung häufig entzogen haben, etwa durch Krankheit, zum Zeitpunkt der Abschiebung fehlende Familienmitglieder oder Ähnliches.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat die umstrittene Äußerung zu den angeblichen Krankschreibungen bei abgelehnten Asylbewerbern ("70 Prozent der Männer unter 40 Jahren") inzwischen relativiert. In einem der vielen Gespräche, die er zum Thema Abschiebehindernisse geführt habe, habe man ihm von dieser Quote berichtet, sagte er. Eine allgemeingültige, statistisch belegbare Größe gebe es nicht. Linke, Grüne und SPD hatten den CDU-Minister zuvor hart kritisiert.

(RP)
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