Berlin Neuer Kampf ums Betreuungsgeld

Berlin · Der Regierungsbeschluss für das Betreuungsgeld hat eine neue Welle der Empörung bei Opposition und Verbänden ausgelöst. Auch in den eigenen Reihen von Union und FDP rumort es heftig. Die Vorsitzende des Familienausschusses im Bundestag, Sibylle Laurischk (FDP), sagte unserer Zeitung, sie behalte sich vor, dem Gesetz nicht zuzustimmen. "Ich bin beim Betreuungsgeld skeptisch, ob der Bund aus verfassungsrechtlicher Sicht dafür überhaupt zuständig ist", betonte die Liberale. Zudem sei bislang nicht die Frage beantwortet worden, "was eigentlich der Zweck des Betreuungsgeldes ist".

Eine Ausweitung der Leistung auf alle Eltern – unabhängig davon, wie sie ihre Kinder betreuen – forderte der CDU-Familienpolitiker Thomas Jarzombek. "Mit dem Gesetzentwurf zum Betreuungsgeld können wir noch nicht zufrieden sein", sagte er: "Die 150 Euro pro Monat müssen alle Familien mit Kleinkindern bekommen, unabhängig davon, ob sie eine öffentlich geförderte Betreuung in Anspruch nehmen." Es sei nicht zu verstehen, dass beispielsweise eine Teilzeit arbeitende Mutter mit geringem Einkommen das Betreuungsgeld nicht erhalten soll. Das Betreuungsgeld solle eine Anerkennung für Erziehungsleistung sein. "Wer sein Kind 20 Stunden am Tag betreut statt 24 Stunden, erbringt auch eine anerkennenswerte Erziehungsleistung", fügte Jarzombek hinzu.

Die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner verteidigte hingegen das Betreuungsgeld als sinnvolle familienpolitische Maßnahme. "Zu einer modernen Familienpolitik gehört die Wahlfreiheit. Genau das machen wir. Der Krippenausbau und das Betreuungsgeld sind deshalb zwei Seiten derselben Medaille und wir stehen zu dem Beschluss, den wir in der Koalition gemeinsam gefasst haben", sagte Klöckner unserer Zeitung. "Die aggressive Rhetorik des linken Parteienspektrums, mit der verbal auf Eltern eingeschlagen wird, die ihre Kleinkinder zu Hause erziehen, ist unerträglich."

Auch der zweite Regierungsbeschluss von gestern hat die Opposition zu einem Sturm der Entrüstung gebracht. Das Kabinett billigte den Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) für eine private Pflegevorsorge. Nach den Plänen der Regierung soll ab dem kommenden Jahr eine private Pflege-Zusatzversicherung mit 60 Euro jährlich vom Staat gefördert werden. Bedingung ist, dass die Versicherung im Pflegefall 600 Euro pro Monat zahlt. Opposition, Gewerkschaften und Sozialverbände warfen der Regierung Geldverschwendung und Klientelpolitik für die Versicherungsbranche vor. Versicherungsexperten bezweifelten, dass sich das Ziel von 600 Euro Leistung monatlich in der Pflegestufe III mit einer Eigenleistung der Versicherten von zehn Euro monatlich erreichen lässt. Der CDU-Pflegeexperte Willi Zylajew kündigte an, die Auswirkungen für den einzelnen Versicherten nochmals zu prüfen.

(RP)
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