Zwangsarbeiterentschädigung Neuer Antrag auf Abweisung von Sammelklage gegen Banken

New York/Berlin (rpo). Es kommt wieder Bewegung in die festgefahrenen Entschädigungsverfahren für ehemalige NS-Zwangsarbeiter: Amerikanische Anwälte haben erneut einen Antrag eingereicht, wonach Sammelklagen gegen deutsche Banken abgewiesen werden sollen.

Nach Angaben von Lawrence Kill, einem der Anwälte in New York, Washington und Philadelphia, wurde das Gesuch auf Abweisung der Sammelklage bei der US-Bundesrichterin Shirley Wohl Kram in New York vorgelegt. Nach Informationen des Grünen-Politikers Volker Beck hat auch der US-Anwalt Robert Swift die Abweisung der Sammelklage beantragt.

Richterin Kram hatte es trotz des Appells von allen Seiten in der vergangenen Woche abgelehnt, das Verfahren zurückzuweisen. In einer 26-seitigen Begründung bemängelte sie, dass die zugesagte Entschädigungssumme von 10 Milliarden Mark für Zwangsarbeiter, Holocaust-Überlebende und andere Leidtragende des Nazi-Regimes noch nicht voll verfügbar sei. Der Wirtschaft fehlten zu diesem Zeitpunkt noch 1,4 Milliarden Mark, während der Staat seine 5 Milliarden schon an die Bundesstiftung überwiesen hatte. Am Dienstag versicherte die unter Druck geratene Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft, die 5 Milliarden seien jetzt beisammen.

Nach dem erneuten Antrag auf Klageabweisung forderte Beck die Wirtschaft auf, jetzt ihren eingesammelten Beitrag zuzüglich 100 Millionen Mark aufgelaufenen Zinsen an die Bundesstiftung zu überweisen. Dies sei noch eine entscheidende Hürde auf dem Weg zu Rechtssicherheit. "Wer unnötige Prozessrisiken in Kauf nimmt, spielt mit der Rechtssicherheit und damit dem Auszahlungstermin der Entschädigungen", betonte der rechtspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen.

Kram habe in ihrem Urteil deutlich verlangt, dass die Stiftung über das gesamte Stiftungskapital verfügen muss. "Die volle Finanzierung muss erreicht, nicht bloß gewährleistet oder garantiert sein." Die Erklärung der Wirtschaft, sie habe das Geld beisammen, sei zwar ein bedeutsamer Schritt nach vorn, rechtlich aber nicht unbedingt von Bedeutung.

Die Sammelklage gegen die Banken spielt in dem Verfahren um die Rechtssicherheit eine wichtige Rolle. Nach Auffassung der deutschen Wirtschaft müssen aber auch noch andere Klagen - gegen IBM und Hochtief - abgewiesen sein, bevor Rechtssicherheit besteht. Wegen der ausstehenden Rechtssicherheit ist noch völlig unklar, wann die Gelder an die Nazi-Opfer ausgezahlt werden. Der Termin könnte sich jetzt noch um Monate hinausschieben. Es wird geschätzt, dass mindestens eine Million Menschen weltweit Entschädigung für den Einsatz als Zwangsarbeiter oder für verlorene Vermögen und Versicherungspolicen aus der Nazi-Zeit beantragen und erhalten dürfte.

(RPO Archiv)
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