Habeck zieht die Notbremse, um Speicher zu sichern Netzagentur übernimmt Gazprom Germania

Neue Volte im Ringen mit Russland: Minister Habeck setzt die Bundesnetzagentur als Treuhänderin von Gazprom Germania ein, nachdem die Russen den Ausstieg angekündigt haben. So will Habeck den Zugriff auf die größten deutschen Speicher sichern. Das könnte ein erster Schritt Richtung Verstaatlichung sein.

 Der größte deutsche Gasspeicher liegt in Rehden.

Der größte deutsche Gasspeicher liegt in Rehden.

Foto: dpa/Lino Mirgeler

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) fackelt nicht lange: Kaum hat der russische Gazprom-Konzern angekündigt, dass er sich von seiner deutschen Tochter Gazprom Germania zurückzieht, leitetet Habeck erste Schritte in Richtung Verstaatlichung ein. Er ordnete an, dass die Bundesnetzagentur Treuhänderin des Berliner Unternehmens wird. „Das dient dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und der Aufrechterhaltung der Versorgung“, sagte Habeck am Montagnachmittag.

Er begründete diesen bislang einmaligen Schritt in der bundesdeutschen Wirtschaftsgeschichte damit, dass Gazprom sich am 29. März von der deutschen Tochter getrennt habe, ohne zu sagen, an wen die Anteile gingen. Eine drohende Liquidierung von Gazprom Germania aber hätte ein Ende der rechtlichen Existenz bedeutet, so Habeck weiter. Gazprom Germania habe eine überragende Bedeutung für die deutsche Gasversorgung.

Gazprom ist für 40 Prozent der deutschen Gaslieferungen verantwortlich und hält die entsprechenden langfristigen Lieferverträge. Die Gazprom-Tochter Astora ist zudem der größte Speicher-Betreiber in Deutschland. Sie besitzt 25 Prozent der deutschen Kapazitäten und betreibt im niedersächsischen Rehden einen der größten Speicher Westeuropas. In 2000 Metern Tiefe wird das Gas gelagert, es würde theoretisch für zwei Millionen Einfamilienhäuser ein Jahr lang reichen. Der aktuelle Füllstand in Rehden liegt allerdings nur bei drei Prozent.

Der Minister betonte, dass dies eine Übergangsregelung sei, die Bundesnetzagentur unter Klaus Müller (Grüne) solle nun Ordnung in die rechtlichen Verhältnisse bringen und habe auch Zugriff auf die Vermögenswerte. Was nun aus den Gaslieferverträgen wird, die Gazprom hält, ist offen: „Ich gehe davon aus, dass die vertraglichen Bestimmungen erfüllt werden“, sagte Habeck. Die Reaktion der Russen ist gleichwohl schwer einzuschätzen.

Der Minister hatte schon vergangene Woche Szenarien durchspielen lassen, deutsche Töchter von russischen Konzernen zu verstaatlichen, um Zugriff auf wichtige Energie-Infrastruktur in Deutschland zu behalten. Für die Öl-Versorgung von Ostdeutschland ist auch die Raffinerie PCK Schwedt wichtig, an der der russische Konzern Rosneft beteiligt ist. Hierzu sind aber (noch) keine Schritte bekannt.

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