Berlin Netanjahu fordert mehr Härte gegen Iran

Berlin · Beim Umgang mit dem Atomabkommen finden Israels Premier und Bundeskanzlerin Angela Merkel weiter keine gemeinsame Linie.

Gut zwei Jahre Pause. Aber jetzt ist Benjamin Netanjahu doch wieder zurück in Berlin. Auge in Auge mit Angela Merkel. Aber kein Vertun, da war doch was? Israels Ministerpräsident wird nicht vergessen haben, dass die deutsche Bundeskanzlerin Anfang vergangenen Jahres in einer Mischung aus Ärger und stillem Protest gegen die israelische Siedlungspolitik im palästinensischen Westjordanland die Regierungskonsultationen mit Israel verschoben hatte - auf unbestimmte Zeit. Offiziell hieß es damals - wegen Terminproblemen.

Die "einzigartigen Beziehungen" zwischen Deutschland und Israel, die Netanjahu da noch beschworen hatte, mussten durch eine Zone kalter Luft. Doch jetzt steht Netanjahu an diesem Montagnachmittag wieder an der Seite von Merkel im Bundeskanzleramt, eingerahmt von den Flaggen Israels, Deutschlands und der EU. Merkel hat gerade gut 90 Minuten Meinungsaustausch mit Netanjahu über den großen Krisenbogen hinter sich. Sie fasst den aktuellen Stand der deutsch-israelischen Beziehungen so zusammen: "Alles in allem: Wir sind Freunde, wir sind Partner, wir sind dabei, uns zu bemühen, unsere gegenseitigen Interessen zu verstehen." Das klingt doch stark nach einem Verhältnis, in dem beide Partner sich in ihren Positionen schon einmal näher standen.

Israels Ministerpräsident ist gerade auf Europa-Tour: Berlin, Paris, London. Mit den großen Drei hat er ein großes Thema zu besprechen: das Atomabkommen mit dem Iran. Und einige andere schwere Themen, die derzeit vielleicht nicht die ganz große Aufmerksamkeit genießen, wie es der Atomdeal seit dem einseitig erklärten Ausstieg der großen Schutzmacht USA aus dem Abkommen hat. Iran, Iran, Iran. Europa steht in dieser Frage (noch) geschlossen, wie auch Merkel bei einem gemeinsamen Auftritt mit Netanjahu dann noch einmal erkennen lässt.

Netanjahu kann charmant sein, lächeln, doch wenn es um Israels Sicherheit geht, wird der Ministerpräsident zum Hardliner, zum Falken. "Iran lügt", hatte Netanjahu noch auf großen Lettern verkünden lassen, als es darum ging, dem Regime in Teheran die Daumenschrauben anzulegen und US-Präsident Donald Trump einen letzten Impuls zu liefern, doch bitte aus diesem Atomabkommen mit Iran auszusteigen.

Merkel betont, sie sei sich mit Netanjahu einig, dass der Einfluss des Iran in den grenznahen Regionen zu Israel und auch der Einfluss auf die Kriege in Syrien oder in Jemen zurückgedrängt werden müsse. Nur in der Frage, wie der Iran besser kontrolliert werden könne, sei man sich eben nicht einig. Das Atomabkommen ist aus Sicht der Europäer ein Vertrag, mit dem sich die nukleare Ambition des Regimes in Teheran kontrollieren ließe, ganz nach dem Motto: besser ein Abkommen, das nicht perfekt ist, als gar kein Abkommen.

Netanjahu sieht dies völlig anders. Der Atomdeal bringe Iran Geld, weil Wirtschaftssanktionen eben so lange nicht greifen, solange Iran sich an den Vertrag halte. Also finanziere der Iran über dieses Abkommen indirekt seine Kriege in Syrien oder im Jemen. Und bitte, gerade eben wieder habe der religiöse Führer des Iran, Ali Chamenei, dem Staate Israel mit Vernichtung gedroht. Netanjahu zitiert Chamenei so: "Israel ist ein Krebsgeschwür, das beseitigt werden muss." Der Iran rufe "zu unserer Zerstörung" auf und wolle dazu möglichst auch jene Waffen an die Hand bekommen, mit der ein Genozid an den Juden möglich würde: Nuklearwaffen. Netanjahu: "Für Iran ist es ganz wichtig, eine Nuklearwaffe zu bekommen. Und wir werden das nicht zulassen." Deshalb: Nein zum Atomabkommen mit Iran, auch wenn Europa daran festhalten wolle.

Für Israels Ministerpräsident greift dieser Deal zu kurz, weil es weder das iranische Raketenprogramm noch die iranischen Aggressionen in der Region zum Thema. Eine "Verhaltensänderung" des Regimes in Teheran könne so nicht erreicht werden. Netanjahu blickt in Richtung Merkels und beteuert: "Unsere Hand ist immer ausgestreckt - für Frieden." Die Bundeskanzlerin wiederum betont, man sei in dem Ziel vereint und einig: "Iran darf niemals Nuklearwaffen bekommen."

Merkel bekräftigte mit Blick auf Israel und die Palästinenser, dass man weiter auf eine Zwei-Staaten-Lösung setze. "Im Augenblick gibt es, glaube ich, eine sehr komplizierte Situation, wo keine Gespräche stattfinden", sagte Merkel hinsichtlich der jüngsten Konflikte und des Streits um eine Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels durch die Vereinigten Staaten. "Es gibt nicht in allen Fragen Übereinstimmung. Aber wir sind Freunde, wir sind Partner", betonte die Bundeskanzlerin.

(hom)
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