Neonazi-Datei reicht NRW nicht

Berlin/Düsseldorf Im Kampf gegen rechtsextremistische Gewalt haben sich CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich und FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger auf die Details einer Neonazi-Datei geeinigt. Doch das Tauziehen geht weiter. Denn nun wirft NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) der Bundesregierung vor, eine effektive Bekämpfung der Neonazis zu behindern. "Der Entwurf des Bundes bleibt deutlich hinter dem jüngsten, einstimmigen Beschluss der Innenministerkonferenz zurück", sagte Jäger unserer Zeitung. Er forderte die Bundesjustizministerin auf, "ihre Blockade gegen eine wirksame Analysedatei aufzugeben".

Mit der Datei wollen Bund und Länder Konsequenzen aus der behördlichen Pannenserie ziehen, von denen die neun Morde der Zwickauer Terror-Zelle zwischen 2000 und 2007 begleitet war. Union und FDP waren sich uneins, von wem Daten gespeichert werden dürfen. Die Lösung bestand nun aus einem Kompromiss: Die FDP kam beim Personenkreis entgegen, die Union bei den Speicherfristen.

"Eine Gesinnungsdatei hätte niemandem geholfen", erläuterte FDP-Fraktionsvize Gisela Piltz im Gespräch mit unserer Zeitung. Es sei gut, dass der Kreis nun begrenzt werde auf Personen, bei denen es klare Anhaltspunkte gebe, dass sie rechtsextreme Gewalttaten begehen könnten oder dies schon getan haben. Wer eine bessere und effektivere Zusammenarbeit der Behörden wolle, der müsse "keine Datenberge anhäufen, die ins Leere laufen", sagte Piltz. Es gehe darum, "handfeste Fakten" zu sammeln. Leitgedanke bei dem Kompromiss sei es gewesen, das zu tun, was notwendig sei und wirklich etwas bringe, ohne rechtsstaatliche Grundsätze wie die Unschuldsvermutung über Bord zu werfen.

Unionsvize Günter Krings sprach gegenüber unserer Zeitung ebenfalls von einem "guten Kompromiss". Durch die Bündelung von Informationen werde die Zusammenarbeit von Bund und Ländern, von Polizei und Verfassungsschutz deutlich verbessert. Auch und gerade die vereinbarten effektiven Recherchemöglichkeiten würden die neue Datei zu einem "wichtigen Instrument im Kampf gegen den gewaltbereiten Rechtsextremismus machen", betonte der CDU-Innen- und Rechtsexperte.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sprach sich zum Auftakt einer Fraktionsklausur in Kiel dafür aus, die rechtsextremistische Mordserie im Bundestag durch einen eigenen Untersuchungsausschuss aufarbeiten zu lassen. Das Gremium müsse klären, ob außer finanzieller Unterstützung für die Terrorgruppe auch Kenntnisse bei Sicherheitsbehörden über die Neonazi-Verbrechen vorlagen. Er hoffe, dass das Gegenteil bewiesen werden könne. Der Bundestag sei es auch den Opfern schuldig, die Hintergründe zu beleuchten.

(RP)
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