Nach Anschlägen sind weitere Militäraktionen geplant Nahost: Arafat tritt nicht zurück

Jerusalem/Ramallah (rpo). Entgegen eines israelischen Medienberichtes haben palästinensische Sprecher am Sonntag versichert, dass Palästinenserpräsident Jassir Arafat nicht ernsthaft erwäge, zurückzutreten. Der israelische Online-Nachrichtendienst "y-net" berichtete, Arafat könnte in den kommenden Tagen in einer dramatischen Ansprache an sein Volk erklären, er wolle sein Amt niederlegen.

Arafats Sprecher Nabil Abu Rudeineh wies den Bericht über den bevorstehenden Arafat-Rücktritt als "psychologische Kriegsführung von israelischer Seite" zurück. Auch Arafats ehemaliger Berater Ahmed Tibi sprach von einem "schlechten Witz". Es sei vielmehr Israels Absicht, den demokratisch gewählten Präsidenten der Palästinenser zu verbannen. "y-net" hatte berichtet, Hintergrund der angeblichen Rücktrittserwägungen Arafats sei mangelnde internationale Unterstützung.

Unterdessen hat die israelische Armee angekündigt, sie wolle ihre Militäraktionen gegen Arafats Fatah-Bewegung ausweiten. Nach dem blutigen Anschlag eines Palästinensers in Hadera, bei dem am Donnerstagabend sechs Israelis getötet wurden, habe Arafat die USA, EU, Jordanien und Ägypten vergeblich um Hilfe gebeten. Zu dem Überfall hatte sich eine militante Splittergruppe der Fatah Arafats bekannt. Israels Armee will daher in den kommenden Tagen massiv gegen Fatah vorgehen.

"In den letzten Tagen spricht Arafat immer mehr davon, er sei dem Paradies nahe und wolle als Märtyrer sterben", zitierte "y-net" den palästinensischen Vertreter. Ein Rücktritt Arafats würde zum Zusammenbruch der Autonomiebehörde und Anarchie in den Palästinensergebieten führen, meinte er.

Die israelische Zeitung "Jediot Achronot" berichtete am Sonntag, Finanzberater Arafats seien dabei, ihm ein "Sicherheitsnetz" im Ausland vorzubereiten. Mit diesem Ziel hätten Mohammed Raschid und Fuad Schubaki Immobilien und Ölfelder verkauft. In Israel gehe man davon aus, dass sie damit den Weg für Arafat und seinen Umkreis ins Exil "auspolstern" wollten.

Die israelische Armee will ihre Militäraktionen gegen die Fatah-Bewegung Jassir Arafats und ihre Führung verschärfen. Der israelische Rundfunk meldete am Sonntag ferner, militante Mitglieder der Fatah seien verantwortlich für den Tod von zehn Israelis in der vergangenen Woche. Ein ranghoher israelischer Militär habe allerdings gewarnt, gezielte Aktionen gegen Fatah könnten wegen der großen Popularität der Bewegung innerhalb der palästinensischen Bevölkerung zu einer neuen Explosion der Gewalt führen.

Nach Angaben der Armee war die Zerstörung des Hauptgebäudes des palästinensischen Rundfunks und Fernsehens (PBC) am Samstagmorgen in Ramallah nur der erste in einer Reihe von Vergeltungsschlägen für den jüngsten palästinensischen Anschlag vom Donnerstagabend. Bei der jüdischen Konfirmation einer Zwölfjährigen in Hadera waren sechs Israelis getötet worden, als ein Palästinenser das Feuer auf die Gäste eröffnete. Der Angreifer wurde anschließend von der Polizei erschossen. Zu dem Anschlag bekannte sich eine militante Splittergruppe der Fatah. Israelische Zeitungen berichteten am Sonntag, der Fatah-Chef im Westjordanland, Marwan Barguti, habe den Überfall in Hadera nach israelischen Geheimdienstinformationen selbst gebilligt.

In der Palästinenserstadt Ramallah kam es am Samstagabend zu stundenlangen heftigen Schusswechseln zwischen israelischen Soldaten und militanten Palästinensern. Nach Augenzeugenberichten eröffneten die Palästinenser das Feuer, als die israelische Armee Panzer in die Nähe des Stadtzentrums verlegten. Es gab jedoch keine Berichte von Verletzten bei den Gefechten. Auch im Bereich von Tulkarem im Norden des Westjordanlands kam es zu vereinzelten Schusswechseln.

(RPO Archiv)
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