Konsequenzen nach harten Einsätzen Nach G8-Desaster rollen Köpfe

Rom (rpo). Doch noch Konsequenzen nach den Polizeieinsätzen beim G8-Gipfel vor zwei Wochen in Genua: Die italienische Regierung hat drei ranghohe Polizeibeamte ihrer Posten enthoben.

Sie nennen ihn John Wayne, eine lebende Legende. Arnaldo La Barbera (59) ging nach Sizilien, als die Cosa Nostra dort blutige Attentate verübte. Er verfolgte die Mörder der Mafiajäger Giovanni Falcone und Paolo Borsellino, wurde Polizeipräsident im Palermo der "Paten". Ausgerechnet das eher betuliche Genua wurde ihm zum Verhängnis. "Kaltgestellt", titelte "La Repubblica" am Freitag nach seiner Absetzung.

Zwei Wochen nach den blutigen Zusammenstößen mit Globalisierungsgegnern müssen Antiterrorismuschef La Barbera, die Nummer zwei der italienischen Polizei, Ansoino Andreassi, und Francesco Colucci, Polizeipräsident von Genua, den Hut nehmen. "Bestimmt für andere Aufgaben", lautet die Weisung von Innenminister Claudio Scajola. "Wenn es dem Staat dient...", soll La Barbera geäußert haben.

In Genua war ein 23-jähriger Italiener durch eine Polizeikugel getötet worden. Hunderte Globalisierungsgegner und Polizisten wurden verletzt. Es entstanden Millionenschäden. Drei "Superinspektoren" des Innenministeriums klagen an: Beim Polizeieinsatz seien schwere Fehler gemacht und grundlos Gewalt angewandt worden. Nach einer nächtlichen Polizeirazzia in einer Unterkunft der Demonstranten floss Blut von den Wänden.

Kommentatoren in Rom sprechen von einer "Enthauptung" der Polizei. Was aber ist mit dem Allerobersten, mit Italiens Polizeichef Gianni De Gennaro? "Kann es sein, dass die Verantwortung für die Vorfälle in Genua wirklich bei diesen drei Funktionären liegt und womöglich bei anderen geringeren Dienstgrades", fragt die renommierte Zeitung "La Stampa": "Es sei erlaubt zu zweifeln."

Auch für andere Kenner der politischen Szene in Rom riecht es nach einer typisch italienischen Lösung. Ministerpräsident Silvio Berlusconi hielt sich in diesen Tagen seltsam bedeckt. Sein Vertrauensmann Scajola wies Forderungen nach seinem Rücktritt energisch zurück - und siegte ebenso erwartungsgemäß wie deutlich bei einer Vertrauensabstimmung. "Der einzige, der für Genua nicht zahlt, ist der Innenminister", wettert die Linke.

Hinter vorgehaltener Hand wird gemunkelt, auch an den Obersten der Polizei, De Gennaro, wage sich niemand heran. Er habe mächtige Freunde sowohl bei der Linken als auch in der regierenden Mitte-Rechts-Koalition. Ein Polizist, der in Genua bei einem Telefonat mit dem Polizeichef anwesend war, sagt: "De Gennaro war auf dem Laufenden, er hat grünes Licht gegeben." In der kommenden Woche soll er von der parlamentarischen Untersuchungskommission gehört werden. Danach beginnt in Rom erst einmal die Sommerpause.

"Ich war nur der Vollstrecker von Anweisungen, die von oben kamen", verteidigt sich Colucci. "Entschieden hat ausschließlich Rom: über die Einsatzkräfte, die Vorgehensweisen und die Zeitpunkte des Einschreitens." Ein Polizeigewerkschafter pflichtet ihm bei: "Geht es um die öffentliche Sicherheit, so geschieht nichts, was der Politiker nicht will.

Demonstranten besetzten italienisches Konsulat in Bremen

Aus Protest gegen den Polizeieinsatz beim G-8-Gipfel in Genua haben Globalisierungsgegner am Freitag für mehrere Stunden das italienische Konsulat in Bremen besetzt. Sie forderten unter anderem die Freilassung von nach ihren Angaben 49 derzeit noch inhaftierten Demonstrationsteilnehmern in Genua. Die Aktion ging am Mittag ohne Zwischenfälle zu Ende, die Besetzer zogen freiwillig ab. Wie ein Polizeisprecher mitteilte, erstattete das Konsulat keine Anzeige. Das Konsulat selbst wollte keine Stellungnahmen abgeben.

(RPO Archiv)
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