Analyse Muss die NPD verboten werden?

Die Ministerpräsidenten der Länder glauben, dass es diesmal gelingt, die rechtsextreme NPD vom höchsten Gericht für verfassungswidrig erklären zu lassen. Der Sinn eines solchen Verfahrens ist jedoch umstritten.

Ja.Denn das Grundgesetz schafft in dieser Frage Klarheit. In Artikel 21 heißt es im zweiten Absatz: "Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht." Wer sich sicher ist, dass diese Beschreibung auf die NPD zutrifft, muss ihren Fall den Karlsruher Richtern vorlegen.

Die NPD weckt trotz aller Verstellungskünste ihrer Funktionäre regelmäßig sehr starke Zweifel daran, dass sie auf dem Boden unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht. Im aktuellen Verfassungsbericht heißt es: "Die NPD strebt die Überwindung der gegenwärtigen politischen Ordnung in Deutschland an." Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Partei, Karl Richter, schwadroniert beispielsweise darüber, dass die Deutschen die hiesigen "Mubaraks" stürzen müssten; das existierende Gemeinwesen sei bis heute ein Konstrukt der Alliierten "ohne Souveränität und Legitimität".

Hinzu kommt die Frage, ob die offene Ausländerfeindlichkeit der Partei nicht einen Verstoß gegen die Menschenwürde und damit gegen den ersten Artikel des Grundgesetzes darstellt. "Integration ist Völkermord", heißt es im Parteiprogramm von 2010. Bei Landtagswahlen fordert die NPD regelmäßig die Trennung von deutschen und ausländischen Schülern. Es ist mit Händen zu greifen, dass die Partei in ihrem Streben nach der "Volksgemeinschaft" die pluralistische Gesellschaft bekämpft.

Kommt es zu einem Verbot der NPD, hätte dies den positiven Effekt, dass Rechtsextremisten in Deutschland nicht mehr zu Wahlen antreten könnten (es sei denn, sie würden eine Nachfolgeorganisation gründen). Gewiss, in vielen anderen Ländern sitzt die extreme Rechte im Parlament. Aber angesichts der deutschen Vergangenheit ist das Ausblenden dieses Spektrums hierzulande sehr wünschenswert. Die Strategen der Partei würde es zudem heftig treffen. Dazu der Verfassungsschutzbericht: "Die NPD misst den Zielen, eine möglichst große Wählerschaft zu erreichen, Parlamentsmandate zu erringen und diesbezügliche Erfolge zu verstetigen, zentrale Bedeutung bei."

Der Drang der NPD in die Parlamente hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass jeder Partei mit nennenswerten Stimmanteilen staatliche Gelder zustehen. Für die chronisch klamme und mitgliederarme rechtsextreme Partei ist das eine wichtige Einnahmequelle – und für den Steuerzahler ein Ärgernis. Eine Verbannung der NPD aus den Landtagen würde diesen eine Menge peinlicher Auftritte ersparen und der Partei eine wichtige Möglichkeit nehmen, öffentlich zu agitieren.

Das Scheitern des ersten Verbotsantrags vor neun Jahren muss niemanden schrecken. Die Karlsruher Richter haben damals nur die hohe V-Mann-Dichte in NPD-Gremien gerügt – zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit kam es gar nicht erst. Klaus Peter Kühn

(RP)
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