Rom Mit 87 Jahren erneut zum Präsidenten Italiens gewählt

Rom · Der Politiker erhielt eine überwältigende Mehrheit. Die gesamte Führung Mitte-Links-Partei PD ist zurückgetreten.

 Giorgio Napolitano tritt eine zweite Amtszeit als Präsident an.

Giorgio Napolitano tritt eine zweite Amtszeit als Präsident an.

Foto: ap

Der italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano soll das Land aus der politischen Krise führen. Nach seiner Wiederwahl am Samstag wird Napolitano heute seinen Eid leisten und seine zweite Amtszeit antreten. Dass der 87 Jahre alte Politiker auch sein zweites siebenjähriges Mandat bis zum Ende erfüllen wird, gilt jedoch als unwahrscheinlich. Napolitano kündigte an, heute die "Bedingungen" zu erläutern, unter denen er das Mandat angenommen habe. Er sagte: "Ich hoffe sehr, dass nun alle ihren Pflichten zur Stärkung der republikanischen Institutionen nachkommen." Er kann das Parlament auflösen und Neuwahlen ansetzen.

Napolitano hatte eine zweite Amtszeit zunächst ausgeschlossen. Auf Bitten der meisten Parteichefs erklärte er sich aber zu einer Kandidatur bereit, nachdem zuvor kein Kandidat auf die notwendige Mehrheit gekommen war. Napolitanos Wahl kam mit den Stimmen der Mitte-Links-Partei PD, des Mitte-Rechts-Lagers um Ex-Premier Silvio Berlusconi sowie der Gruppierung von Noch-Ministerpräsident Mario Monti ("Bürgerwahl") zustande, deshalb wird nun mit der Bildung einer von derselben Mehrheit getragenen Regierung gerechnet. Als Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten gelten der dem PD nahestehende Verfassungsrechtler Giuliano Amato und der PD-Politiker Enrico Letta. Der Chef der 5-Sterne-Bewegung Beppe Grillo sprach von einem "Staatsstreich" und rief zum Marsch auf Rom auf.

Noch nie in der Geschichte der italienischen Republik seit 1948 wurde der Staatspräsident für eine zweite Amtszeit gewählt. Napolitano kam in einer historischen Abstimmung auf 738 von 1007 Stimmen der Wahlversammlung aus Parlament und Abgeordneten der Regionen. Weder der ehemalige Gewerkschaftsführer und Senatspräsident Franco Marini noch der zweimalige Ex-Premier und ehemalige Chef der EU-Kommission Romano Prodi erreichten zuvor die notwendige Mehrheit. Vor allem die Abstimmung über ihren Gründer Prodi geriet zu einem Debakel der Mitte-Links-Partei PD, die bei der Wahl Ende Februar knapp stärkste Kraft im Parlament geworden war. Prodi fehlten 101 Stimmen aus den eigenen Reihen. Dieses Ergebnis legte die Zerrissenheit der Linksdemokraten offen, die den Staatspräsidenten beinahe im Alleingang hätten bestimmen können. Infolge dieser Blockade erklärten der Chef der Linksdemokraten Pierluigi Bersani sowie das gesamte Parteipräsidium ihren Rücktritt.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort