Leistungen der Grundschüler im oberen Drittel Migrantenkinder holen in der Schule auf

Berlin · Die Leistungen der Grundschüler in Deutschland liegen im Vergleich der Industriestaaten weltweit im oberen Drittel.

Im Lesen, Rechnen und beim Lösen naturwissenschaftlicher Fragen gehören die deutschen Grundschüler im internationalen Vergleich zum oberen Drittel. Dennoch haben die neuen Grundschulstudien Iglu undTimmss eine Reihe von neuen und alten Schwächen des Schulsystems zutage gefördert.

Ergebnisse Die deutschen Viertklässler können signifikant besser lesen als ihre Altersgenossen in Spanien, Frankreich und Kanada. Deutlich bessere Leistungen als die Deutschen zeigten Kinder aus insgesamt zwölf Ländern, darunter Dänemark, Finnland und die USA. Mit 541 Punkten liegen die Schüler knapp im oberen Drittel der internationalen Rangliste. Auch im Fach Mathematik landen die Grundschüler mit ihren Fähigkeiten beim Rechnen, in der Geometrie und bei der Lösung mathematischer Fragen im oberen Drittel. Besser sind wiederum Dänemark, Finnland und die USA sowie eine Reihe asiatischer Staaten, darunter Singapur, Hongkong und Taiwan. Die asiatischen Länder sind allerdings auch für einen besonderen Drill in der Schule bekannt. Mit diesen Ländern solle sich Deutschland nicht direkt vergleichen, riet Wilfried Bos, wissenschaftlicher Leiter der Studien.

Spitzenförderung Die oberen zehn Prozent der Schüler erhalten nach den Ergebnissen der Studien zu wenig Unterstützung, um auf Spitzenleistungen zu kommen. Die höchsten Kompetenzstufen erreichen die Grundschüler hierzulande deutlich seltener als ihre Altersgenossen im Ausland. In der Mathematik sind es nur fünf Prozent. Bei den Naturwissenschaften sind es gerade einmal sieben Prozent, und beim Lesen zählt jeder zehnte Viertklässler zur Spitzengruppe. Zum Vergleich: In England sind es gut 18 Prozent. Spitze in Mathe sind doppelt so viele der dänischen der ungarischen und der australischen Schüler im Vergleich zu den Deutschen. "Zufriedenstellend ist es sicherlich nicht, dass wir da die Luft nach oben nicht optimal ausschöpfen", sagte Bos.

Schwache Schüler In Mathematik und Naturwissenschaften schafft jeder fünfte Grundschüler die Mindestanforderungen nicht. Beim Lesen trifft dies auf jedes achte Kind zu. Diese Ergebnisse ließen für die weiterführende Schule "Schlimmstes befürchten", erklärte der Experte. Auch die Staatssekretärin im Bundesbildungsministerium, Cornelia Quennet-Thielen, betonte, rund 20 Prozent an Schülern, die den Mindestanforderungen nicht gewachsen seien, "sind zu viele".

Migranten Viele gute Nachrichten weisen die Studien für Kinder aus Migrantenfamilien aus. Ihre Kompetenz hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Der Anteil der Migrantenkinder, die an der Studie teilnahmen, ist im Vergleich zu den Tests 2001 von damals 22 auf heute 27 Prozent gestiegen. Dennoch konnte das gute Gesamtniveau gehalten werden. Bos bezeichnete es zudem als "Märchen", dass es in Deutschland Parallelgesellschaften gebe. Nur in vier Prozent der Migrantenfamilien würde nicht Deutsch gesprochen, betonte er. Obwohl die Kinder mit ausländischen Wurzeln als Gewinner der Studie gelten, seien sie immer noch benachteiligt, betonte der Experte. Sie müssten immer noch besonders gefördert werden.

Elternhaus Ein stets wiederkehrendes Thema der Schulpolitik ist, dass der Bildungserfolg der Kinder erheblich vom gesellschaftlichen Status und vom Bildungshintergrund der Eltern abhängig ist: "Ein Kind von einem Professor, einem Chefarzt oder einem Staatssekretär hat eine 4,7-fach höhere Chance, eine Gymnasialempfehlung zu erhalten im Vergleich zum Kind eines Facharbeiters", sagte Bos.

Lesespaß Die Studie räumt auch mit dem Vorurteil auf, dass Kinder heute in ihrer Freizeit vor allem daddeln, chatten oder fernsehen. "Unsere Kinder lesen viel und sie lesen gerne", sagte Bos. Bei fast 70 Prozent der Viertklässler ist die Lesemotivation hoch. "Mittel" ist sie immer noch bei 22 Prozent. Und nur knapp zehn Prozent der Kinder gelten als echte Lesemuffel.

Jungen und Mädchen Die klassische Verteilung, dass die Mädchen besser lesen und die Jungen besser rechnen, zeigen auch die aktuellen Studien. Die Differenz zwischen Jungen und Mädchen ist im internationalen Vergleich aber gering. Zudem sind die Unterschiede ausgeglichen: Die Mädchen liegen beim Lesen acht Punkte vor den Jungen, die wiederum haben den gleichen Vorsprung bei Mathe.

(qua)
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