Kingston Meuterei auf der Bounty-Insel

Kingston · Die Nachfahren der Bounty-Besatzung auf Norfolk Island rebellieren gegen den Anschluss an Australien.

Genau 227 Jahre ist es her, dass die Matrosen auf dem britischen Segelschiff Bounty gegen ihren Kapitän William Bligh meuterten. Ihre Nachfahren, von denen ein großer Teil auf der Norfolkinsel im Pazifik lebt, haben die Meuterei bis heute im Blut. Ende April sind sie mit einer Petition zur Uno nach New York gereist, um sich ihres "Kolonialherren" Australien zu entledigen. Auf eine Mauer auf der Insel haben einige besonders Aufmüpfige sogar "Mutiny" - Meuterei - gesprüht.

Der Grund der Rebellion: Bis vor etwa einem Jahr war die Norfolkinsel das einzige selbstverwaltete Außenterritorium Australiens. Doch die australische Regierung beendete die Selbstverwaltung der Insel und entmachtete das lokale Parlament, weil die Ausgaben der Insel die Einnahmen über Jahre hinweg übertrafen und die Insel faktisch bankrott war. Im Juli soll die Eingliederung der nur 35 Quadratkilometer großen Insel in den australischen Staat abgeschlossen sein.

Dann müssen die Inselbewohner Steuern an das australische Finanzministerium im fast 2000 Kilometer entfernten Canberra zahlen, dürfen im Gegenzug aber auch die sozialen Dienste Australiens wie die staatliche Krankenkasse in Anspruch nehmen. Laut Paul Fletcher, dem zuständigen Minister in der australischen Regierung, würde der neue Status auch die Wirtschaftsleistung um 14 Prozentpunkte steigern.

Doch die Insulaner spielen nicht mit. Sie gründeten die Bewegung Norfolk Island People for Democracy (NIPD). Rund 70 Prozent der knapp 2000 Inselbewohner unterzeichneten die Petition an die Uno, die für die Selbstverwaltung ihrer Insel plädiert. Sie bezeichnen darin die Maßnahmen der australischen Regierung als illegale Annexion.

Der Menschenrechtsanwalt Geoffrey Robertson, der die Delegation der Insulaner nach New York begleitete, ist mit den Methoden der Australier nicht einverstanden: "Das Erste, was der australische Verwalter getan hat, war, jede Kritik an Australien im lokalen Radio zu verbieten", sagte er dem Sender ABC. "Das ist typisch koloniales Benehmen, nicht wahr?" Obwohl es auch andere Stimmen gibt, identifiziert sich der Großteil der Insulaner nicht mit Australien. "Norfolk Island ist so australisch wie Aldi", heißt es auf der Webseite der NIPD, und dort wird auch gleich noch erklärt, was die Bürger der Insel zu etwas Besonderem macht. "Bei uns kann man Leute im Telefonbuch finden, indem man nach ihrem Spitznamen sucht", heißt es dort. Auf den Nummernschildern der Autos stünden noch einstellige Zahlen, und Kühe hätten stets Vorfahrt. "Norfolk Island ist ein besonderer Ort, mit einem Sinn für Gemeinschaft wie nirgendwo sonst auf dem Planeten."

Und damit das so bleibt, wollen die Insulaner nun kämpfen. "Als die Vereinten Nationen 1946 gebildet wurden, lebten 700 Millionen Menschen weltweit in Kolonien." Heute seien es noch rund zwei Millionen. "Wir auf Norfolk Island wollen nun unbedingt die nächste Erfolgsgeschichte der UN werden." Eine Entscheidung aus New York wird jedoch erst in mehreren Monaten erwartet. Bis dahin wird sich Australien seine meuternden Insulaner wohl bereits einverleibt haben.

(RP)
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