Merkels Allzweckbank

Die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau rettet Euro-Staaten, bekämpft den Klimawandel, fördert Firmen, Wohnungsbau und Studenten. Jetzt steigt sie auch noch beim Flugzeugbauer EADS ein.

Berlin Stolz zählt die staatliche KfW Bankengruppe, wie sich die einstige Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) heute nennt, auf ihrer Internetseite auf, was sie im vergangenen Jahr so alles geleistet hat. "Die KfW Bankengruppe hat im Jahr 2010 Wirtschaft, Umwelt, Wohnen und Bildung mit 81,4 Milliarden Euro gefördert", heißt es da. Ihr Förderengagement habe "wesentlich" dazu beigetragen, die Folgen der Finanzkrise abzufedern und die deutsche Konjunktur anzukurbeln.

In der Tat beeindruckt die Frankfurter Bankengruppe, die zu 80 Prozent dem Bund gehört, mit der ungeheuren Vielfalt ihrer Aktivitäten: Sie vergibt nicht nur zinsverbilligte Förderkredite an Firmen, Gebäudesanierer oder Studenten, sie rettet mittlerweile auch andere Banken vor dem Bankrott oder sogar ganze Staaten. Griechenland etwa hat die KfW einen zweistelligen Milliardenbetrag geliehen, der Bund steht dafür ein, dass sie das Geld auch zurückbekommt. Die von den Alliierten 1948 gegründete KfW ist heute mit einer Bilanzsumme von 442 Milliarden Euro nach der Deutschen Bank und der Commerzbank das drittgrößte deutsche Geldinstitut.

Und nun steigt die KfW auch noch groß beim europäischen Flugzeugbauer EADS ein. Sie übernimmt im Auftrag des Bundes 7,5 Prozent der EADS-Anteile von Daimler und zahlt dafür wohl 1,2 bis 1,3 Milliarden Euro an die Stuttgarter. Die lagen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lange in den Ohren, dass sie die EADS-Anteile loswerden wollten. Doch weder Daimler noch die Bundesregierung fanden geeignete private Investoren.

Merkel machte der Hängepartie jetzt ein Ende und entschied sich für den Staatseinstieg, um die deutsch-französische Balance zu erhalten, wenn Daimler aussteigt. Merkels Allzweckwaffe für solche Angelegenheiten: die KfW.

In der Regierung war der Schritt umstritten, Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) stemmte sich lange dagegen. "Es stimmt doch skeptisch, dass es offenbar keine privaten Interessenten für das Aktienpaket in Deutschland gab", kritisierte auch Rainer Kambeck vom Essener RWI-Forschungsinstitut.

Nicht auf Gegenliebe stößt der KfW-Einstieg auch bei der EADS-Tochter Airbus. "Davon halte ich überhaupt nichts. Das geht in die völlig falsche Richtung", sagte Airbus-Chef Thomas Enders unserer Zeitung. "Wir brauchen nicht mehr staatliche Aktionäre, nicht mehr staatliche Einflussnahme, sondern weniger – das habe ich schon immer gesagt."

Enders glaubt nicht, dass der deutsche Staat, wie gestern angekündigt, die EADS-Anteile nur vorübergehend halten wird. "Sogenannte vorübergehende Lösungen haben die unangenehme Eigenschaft, sich langfristig zu verfestigen", so Enders. Auch der französische und der spanische Staatsanteil seien im Jahr 1999 als vorübergehend deklariert worden.

Das Unternehmen leidet unter den unterschiedlichen industriepolitischen Konzepten der Länder: Für Frankreich, wo Kriegs- und Fluggeräte traditionell Angelegenheit des Staates sind, ist es normal, dass sich die Regierung einmischt. In Deutschland dagegen gilt zu viel staatlicher Einfluss als schädlich. Bei EADS und Airbus prallten diese beiden Konzepte immer schon frontal aufeinander. Oft genug mit dem Ergebnis, dass sich beide Seiten blockierten. Zum Beispiel, als Airbus vor vier Jahren im Zuge der A 380-Krise dringend Jobs abbauen musste, und Paris und Berlin über die Standorte stritten, die es treffen sollte. Die KfW kümmert es wenig, sie hält für Merkel nur die Anteile.

(RP)
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