Berlin Merkel will Tunesier schneller abschieben

Berlin · Die Rückführung des Weihnachtsmarkt-Attentäters Anis Amri war lange an fehlenden Papieren aus seiner Heimat Tunesien gescheitert.

"Es tut uns leid, was passiert ist", sagte Tunesiens Ministerpräsident Youssef Chahed. Zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel legte er Blumen zum Gedenken an die zwölf Toten des Weihnachtsmarktanschlags auf dem Berliner Breitscheidplatz nieder. Monatelang hatten deutsche Behörden von Tunesien Ersatzpapiere verlangt, um den späteren Attentäter Anis Amri abschieben zu können. Die Dokumente kamen zwei Tage nach der Terrorattacke.

Auch um bessere Kooperation bei Abschiebungen drehen sich die Gespräche, die Chahed in Berlin führt. Sowohl er als auch Bundeskanzlerin Angela Merkel setzen jedoch vor allem auf neue Programme, die die freiwillige Rückkehr von Tunesiern ankurbeln. Wenn von 1500 ausreisepflichtigen Tunesiern im vergangenen Jahr nur 116 in ihre Heimat zurückkehrten, dann sei das viel zu wenig, sagte Merkel.

Chahed verwies jedoch auch auf die schwierige wirtschaftliche Situation und Sicherheitslage in seinem Land. Umso dankbarer sei er für jede Unterstützung aus Deutschland. Er warb eindringlich dafür, dass wieder mehr deutsche Touristen nach Tunesien kommen. Nach dem Anschlag auf Urlauber in Sousse 2015 hatten viele Tunesien von der Liste ihrer bevorzugten Reiseziele gestrichen.

Chaheds Hoffnungen richten sich auf von Deutschland finanzierte Bildungsangebote und auch gezielte Starthilfe für Rückkehrer. Das könne zur Schaffung vieler neuer Arbeitsplätze gerade für junge Menschen führen. Einzelheiten bespricht Chahed während seines Deutschland-Besuches mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU). Noch im Frühjahr will sich Merkel ein eigenes Bild von der Entwicklung in Tunesien machen. Im Vorfeld des G 20-Treffens sei zudem ein Afrika-Gipfel in Deutschland geplant, bei dem es auch um die Situation der Migranten in Nordafrika gehen werde. Über "Auffanglager" habe sie mit Chahed nicht gesprochen, sagte Merkel. Das gehöre nicht zu ihrem Wortschatz. Zudem seien solche "bestimmten Einrichtungen" nichts für Tunesien, das nicht zu den Transitländern gehöre.

Wie die europäische Grenzschutzagentur Frontex mitteilte, sind auf den drei Hauptzugangsrouten im Januar rund 8000 illegale Grenzübertritte festgestellt worden. Auf dem zentralen Mittelmeer ging die Zahl um 16 Prozent auf 4400 zurück, in der Ägäis um 19 Prozent auf 1400. Das sei vor allem auf das schlechte Wetter zurückzuführen. Bei 2200 lag danach die Zahl der illegalen Migranten auf der Balkanroute - das seien 97 Prozent weniger als vor einem Jahr gewesen.

(may-)
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