Syrien soll nicht Wahlkampf-Thema werden Merkel und Steinbrück gegen Kriegsbeteiligung

Berlin · Kanzlerin und Herausforderer verzichten auf Wahlkampf mit einem Militärschlag auf Syrien. Sie unterstützen ihn, aber ohne direktes Mitwirken Deutschlands. Beide versuchen derweil, auf Russlands Präsident Putin einzuwirken.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr SPD-Herausforderer Peer Steinbrück haben sich entschlossen, den Militärschlag gegen Syrien aus dem Wahlkampf herauszuhalten. "Da bin ich auf derselben Linie wie die Bundesregierung", sagte Steinbrück. Beide sind sich einig, dass nur eine politische Lösung den Syrien-Bürgerkrieg beenden kann, dass es aber eine klare Antwort auf das "Kriegsverbrechen" (Steinbrück) des Giftgasanschlags geben muss.

Die USA, Großbritannien und Frankreich setzten die Vorbereitungen für das Abfeuern von Marschflugkörpern und Bomben auf Ziele des Assad-Regimes in Syrien fort. In dieser Nacht (18 Uhr Ortszeit) wollte das Weiße Haus die Spitzen im Kongress informieren. US-Präsident Barack Obama lehnte einen längeren Verbleib der UN-Giftgas-Inspektoren in Syrien als "Zeitverzögerung" ab. Die Briten verlegten sechs Eurofighter-Kampfjets nach Zypern. Zugleich stehen im Mittelmeer vier raketenbestückte US-Kriegsschiffe bereit.

In Israel bildeten sich lange Schlangen besorgter Bürger an den Ausgabestellen für Schutzmasken. Das Raketenabwehrsystem "Eiserner Dom" wurde in Position gebracht und aktiviert. Der Iran verschärfte seine Drohungen: "Ein Angriff auf Syrien würde die unmittelbare Zerstörung Israels bedeuten", sagte der Chef der iranischen Revolutionsgarden, Mohammed Ali Dschafari.

Das britische Unterhaus setzte durch, dass über einen Militärschlag erst nach Vorliegen des UN-Berichts beraten werden soll. Die Inspektoren sollen morgen das Land verlassen. Merkel telefonierte sowohl mit westlichen Regierungschefs als auch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Sie warb für eine "schnelle, einmütige internationale Reaktion". Steinbrück will Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) bitten, auf seinen Vertrauten Putin einzuwirken.

Eine indirekte Beteiligung Deutschlands wird in Berlin nicht ausgeschlossen. Es könne sein, dass die Bundeswehr über das Personal in Awacs-Aufklärungsflugzeugen betroffen sei, sagte Steinbrück. "Darüber wird dann zu beraten sein", fügte er hinzu. "Wenn Awacs-Maschinen mit Bundeswehrsoldaten eingesetzt werden, müsste die Bundesregierung in jedem Fall zuvor die Zustimmung des Bundestages einholen", sagte Grünen-Verteidigungspolitiker Omid Nouripour. Derzeit sei keine entsprechende Anfrage bekannt, berichtete CDU-Außenexperte Philipp Mißfelder. Sollte sie kommen, müsse sie "natürlich politisch und rechtlich genau geprüft werden".

Am Montag wird sich der Verteidigungsausschuss in einer Sondersitzung mit Syrien befassen. Auf Antrag der Grünen soll BND-Chef Gerhard Schindler erläutern, welche Erkenntnisse der deutsche Geheimdienst über die Hintergründe des Giftgasangriffs nahe Damaskus hat. Der BND gilt in der Region als gut vernetzt. Bislang berufen sich Amerikaner und Briten auf abgehörte Telefonate, aus denen sich die Verantwortung des Regimes eindeutig ableiten lasse.

(may-)
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