Interview Merkel: "Steinbrück benötigt mein Mitleid nicht"

Die wichtigsten Aussagen von Kanzlerin Angela Merkel und ihrem SPD-Herausforderer während des 90-minütigen TV-Duells.

Interview: Merkel: "Steinbrück benötigt mein Mitleid nicht"
Foto: Max Kohr

Berlin (RP) Beim einzigen TV-Duell zwischen Angela Merkel (CDU) und Peer Steinbrück (SPD) haben sich beide Politiker einen lebhaften Schlagabtausch geliefert. Wir dokumentieren die Aussagen:

Zu Steinbrücks Wahlkampf

Trotz der schlechten Umfragewerte für Steinbrück bedauert die Kanzlerin den SPD-Kandidaten nicht. "Nein, das hat Peer Steinbrück jetzt auch nicht nötig, dass er mir leid tut", sagte sie.

Zu möglichen Steuererhöhungen

Merkel hielt der SPD entgegen, Steuererhöhungen würden die derzeitige gute Ausgangslage verschlechtern und gerade den Mittelstand und das Handwerk treffen. Die Schere zwischen Reich und Arm öffne sich gerade nicht mehr weiter, wenn mehr Menschen in Arbeit kämen, sagte die Kanzlerin. Herausforderer Steinbrück betonte, er habe bei der Unternehmensbesteuerung nicht die Absicht, die Firmen zu hindern, ihr Eigenkapital zu verbessern und zu investieren.

Zum Defizitabbau

Merkel bekräftigte das Ziel des Abbaus der öffentlichen Schulden. "Wir haben uns vorgenommen, ab 2015 Schulden zurückzufahren", sagte sie. "Da muss wirklich gearbeitet werden." Die schwerste Wirtschaftskrise liege hinter Deutschland. Das Ziel, Schulden zurückzuzahlen, dürfe nicht durch falsche Politik gefährdet werden.

Steinbrück warf der schwarz-gelben Bundesregierung vor, trotz günstiger Wirtschaftsdaten die Verschuldung weiter erhöht zu haben. Die Steuereinnahmen sprudelten. "Aber man wird dieses Staatsschiff nicht fahren können nach Konjunktur." Zudem seien wichtige Reformen wie die Energiewende oder im Pflegebereich ungewiss.

Zur Pkw-Maut

Eine Pkw-Maut für Ausländer ist nach Steinbrücks Worten gar nicht möglich. Auf drängendes Nachfragen Steinbrücks sagte Merkel: "Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben."

Zum gesetzlichen Mindestlohn

In der Debatte um Mindestlöhne kritisierte Steinbrück den "Flickenteppich von Branche zu Branche und Region zu Region". Merkel verteidigte genau diesen, die angepasste Lohnfindung habe sich bewährt.

Zur griechischen Schuldenkrise

Im Streit um ein mögliches drittes Rettungspaket für Griechenland ließ die Kanzlerin offen, wie hoch weitere Hilfen ausfallen könnten. Es könne sein, dass es ein neues Paket gebe, aber kein Mensch könne sagen, wie groß es ausfallen werde: "Keiner weiß genau, wie sich die Dinge in Griechenland entwickeln", sagte Merkel. Als Kanzlerin habe sie dafür zu sorgen, dass der Reformdruck aufrechterhalten bleibe. Herausforderer Steinbrück hielt dagegen, man könne nicht immer nur "die Konsolidierungskeule" schwingen. Nötig seien ein Aufbauprogramm und Wachstumsimpulse, eine groß angekündigte Initiative gegen Jugendarbeitslosigkeit komme nicht in Gang.

Zum Kampf gegen Steueroasen

Steinbrück konterte den Vorwurf von Moderator Stefan Raab, sein Bild von der "Kavallerie" gegen Steuerbetrug sei eine "komplett leere Drohung" mit den Worten: "Stimmt doch nicht." Beispielsweise könnten Verjährungsfristen verlängert werden. Merkel sagte, beim anstehenden Treffen der G 20-Staaten solle etwa ein besserer Informationsaustausch und ein stärkerer Kampf gegen Steueroasen vereinbart werden.

Zum Arbeitsmarkt

Die Kanzlerin verwies erneut darauf, dass mit rund 29 Millionen mehr Menschen in sozialpflichtiger Beschäftigung seien als je zuvor in Deutschland. Die prekären Arbeitsplätze seien ein wenig zurückgegangen. Viele Menschen seien über Leiharbeit in Dauerbeschäftigung gekommen. Allerdings habe es hier auch massiven Missbrauch gegeben. Daher sei ein Mindestlohn in der Leiharbeitsbranche eingezogen worden.

Zu den Bezügen von Politikern

Auf die Frage, ob Politiker gut bezahlt seien, vermied Steinbrück eine Antwort. Er war vor einigen Wochen in die Kritik geraten, weil er sagte, ein Bundeskanzler verdiene vergleichsweise zu wenig. Merkel sagte im TV-Duell auf die Frage, ob Politiker gut verdienten: Ja.

Zur Agenda 2010

Steinbrück kündigte Korrekturen der Agenda 2010 an. Die unter Rot-Grün eingeführten Sozialreformen seien ein Beitrag dafür gewesen, dass Deutschland im internationalen Bereich heute gut dastehe. Sie sei mehr als eine Arbeitsmarktreform gewesen. Aber: "Im Rahmen dieser Arbeitsmarktreform ist es zu Fehlentwicklungen gekommen", sagte Steinbrück. "Mit mir als Bundeskanzler werden diese Fehlentwicklungen korrigiert." So bedrohe der Missbrauch von Leiharbeit, Zeitarbeit und Werkverträgen den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

(RP)
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