Schwerpunkt Eurokrise Merkel gewährt Griechen mehr Zeit

Berlin · Die Bundesregierung will einer neuen griechischen Regierung einen Aufschub für die Umsetzung des Spar- und Reformprogramms geben. Die "Troika" der Geldgeber soll noch in dieser Woche nach Athen reisen.

In der Bundesregierung wächst nach dem Erfolg der konservativen, pro-europäischen Nea Demokratia (ND) bei der Parlamentswahl in Griechenland die Bereitschaft, dem überschuldeten Staat bei der Umsetzung des Spar- und Reformprogramms entgegenzukommen.

Im Gespräch ist, die zeitlichen Vorgaben für das Sanierungsprogramm der "Troika" ( EU, Weltwährungsfonds und Europäische Zentralbank) abzumildern. Das im März von den EU-Finanzministern beschlossene zweite Griechenland-Hilfspaket in Höhe von 130 Milliarden Euro ist an die Umsetzung harter Reform- und Sparmaßnahmen geknüpft. Bisher soll die Neuverschuldung Griechenlands von 9,3 Prozent der Wirtschaftsleistung 2011 auf 2,1 Prozent bis 2014 sinken. Dafür sind bislang noch rund zwölf Milliarden Euro an Einsparungen offen. Die Verzögerungen finden in Berlin Verständnis. Denn die Umsetzung der Vorgaben sei durch die gescheiterte Regierungsbildung und den anschließenden Wahlkampf liegen geblieben. Man müsse "mit Athen über einen neuen Zeitplan verhandeln", hieß es in Berliner Regierungskreisen. Die inhaltlichen Sparvorgaben sollen unangetastet bleiben. Details soll die Troika bereits Ende dieser Woche mit der neuen Regierung in Athen verhandeln. Noch in diesem Monat kann Athen dann mit der Auszahlung einer weiteren Milliarde Euro an Hilfsgeldern rechnen.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) soll die Verhandlungslinie noch vor ihrer Reise zum Treffen der Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G 20) in Mexiko mit führenden Politikern in der schwarz-gelben Koalition besprochen haben. Merkel bewertete das Wahlergebnis in Athen als "gute Nachricht" für Europa. Sie habe mit dem Konservativen-Chef Antonis Samaras telefoniert und ihm gratuliert, sagte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter. Das Ergebnis sei ein "klares Votum", dass Griechenland auf dem Reformweg voranschreiten solle. Jetzt müsse in Athen schnell eine stabile Regierung gebildet werden. Europas Börsen reagierten kurzzeitig mit Kursgewinnen auf das Ergebnis.

Auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) und sein belgischer Kollege Didier Reynders hatten zuvor einen zeitlichen Aufschub für die Umsetzung des Sparprogramms in Aussicht gestellt. Offiziell wollte die Bundesregierung diesen Kurs aber nicht bestätigen, um die deutsche Verhandlungsposition nicht zu schwächen.

Die CSU lehnt Zugeständnisse ab. "Die Eurostaaten sind Griechenland bei den Konditionen bereits weit entgegengekommen. Im Mittelpunkt aller Überlegungen muss die Wiederherstellung der griechischen Schuldentragfähigkeit stehen", sagte Gerda Hasselfeldt, Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, unserer Zeitung. Hasselfeldt forderte Samaras auf, grundlegende Reformen anzugehen. Das "klare Mandat" durch den Wahlausgang müsse die griechische Regierung "für die notwendige Erneuerung des Landes von Grund auf nutzen". Dazu gehöre eine Konsolidierung der Staatsfinanzen.

FDP-Generalsekretär Patrick Döring erklärte laut Teilnehmern einer Schaltkonferenz des FDP-Vorstands, auf die verabredeten Reformen könne es keinen Rabatt geben. Diese seien "Grundlage" der Finanzhilfen und müssten "ohne Abstriche" umgesetzt werden.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin forderte die Bundesregierung auf, geplante Steuersenkungen in Griechenland zu verhindern. Die Nea Demokratia hatte im Wahlkampf eine Absenkung des Spitzensteuersatz versprochen. "Es kann nicht sein, dass Europa Griechenland mit Milliarden hilft und den griechischen Besserverdienenden Steuergeschenke gemacht werden", so Trittin.

(RP/jh-)
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