Düsseldorf Medikamente in Pferdefleisch entdeckt

Düsseldorf · Der Pferdefleisch-Skandal zieht immer weitere Kreise. Die Supermarktketten Edeka und Real bestätigten die Entdeckung von Pferdefleisch-Anteilen in Tiefkühl-Lasagne, deren Fleischfüllung als Rinderhack deklariert war. Rewe nahm vorsorglich mehrere Produkte aus dem Angebot. Das Fleisch war auch in Läden in NRW zu kaufen. Erstmals wurden auch in einer Bolognese-Sauce aus frischem Hackfleisch Pferdebestandteile gefunden. Das berichtete die britische Supermarkt-Kette Asda.

In Proben mehrerer britischer Schlachtpferde wurde zudem das Medikament Phenylbutazon nachgewiesen, das wegen seiner potenziell schädlichen Wirkung nicht bei für den Verzehr vorgesehenen Tieren verwendet werden darf. Das Fleisch sei vermutlich in die Nahrungskette gelangt, teilten die Behörden mit. Hinweise auf Gesundheitsgefährdungen gibt es noch nicht. Der Verzehr von Pferdefleisch ist grundsätzlich nicht schädlich.

Ein Untersuchungsbericht des britischen Parlaments bezeichnete das "Ausmaß der Verunreinigung, das in der Produktionskette offenbar wird", als "atemberaubend". In Großbritannien wurden drei Mitarbeiter von zwei Fleischverarbeitungsbetrieben festgenommen.

Der französische Großhändler Spanghero habe wohl wissentlich das Pferdefleisch als Rindfleisch vertrieben, berichten französische Ermittler. Verbraucherschutzminister Benoît Hamon beschuldigte Spanghero des "wirtschaftlichen Betrugs" und kündigte die "Säuberung der Branche" an. Nach seinen Erkenntnissen seien 750 Tonnen Fleisch betroffen. Das Unternehmen wies die Vorwürfe zurück.

NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) sagte, er wolle eine Gesundheitsgefahr für die Verbraucher nicht ausschließen. Die CDU-Landtagsfraktion will den Skandal am Mittwoch im Ausschuss für Verbraucherschutz behandeln. Remmel müsse darlegen, wo die falsch ausgezeichneten Lebensmittel gekauft werden konnten und ob Phenylbutazon auch in NRW aufgetaucht sei, forderte Agrar-Expertin Christina Schulze Föcking.

Die EU-Kommission will mit DNA-Tests gegen falsch deklariertes Fleisch vorgehen. Die ersten 2500 Gentests könnten im März stattfinden, etwa 200 davon in Deutschland, sagte EU-Kommissar Tonio Borg. Das Hildener Gentechnik-Unternehmen Qiagen arbeitet bereits seit zwei Wochen an einem DNA-Schnelltest, der binnen zwei bis drei Stunden das Vorkommen von Pferdefleisch in einer Lebensmittelprobe nachweise, sagte ein Sprecher.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) sieht im Skandal "mafiöse Strukturen". "Die Art und Weise, wie hier über mehrere Grenzen hinweg Pferdefleisch verschoben wurde, erfordert einen großen logistischen Aufwand. Dies nährt den Verdacht, dass es sich um ein Geschäft der organisierten Kriminalität handelt", sagte Bernd Carstensen, stellvertretender BDK-Bundesvorsitzender. Bereits in der Vergangenheit seien mafiöse Strukturen im europäischen Lebensmittelhandel beim Subventionsbetrug sichtbar geworden, sagte Carstensen.

Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) forderte die Justizbehörden zu Ermittlungen auf. "Wir haben es offenbar mit einem bislang einmaligen Fall von Verbrauchertäuschung zu tun", sagte sie.

Die Vize-Fraktionschefin der Grünen, Bärbel Höhn, forderte Gesetzesverschärfungen auf Bundesebene. "Ministerin Aigner darf sich nicht hinter der EU und den Ländern verstecken. Wir brauchen bessere Rückverfolgbarkeit von Zutaten in Fertiggerichten und entsprechende Regelungen im Lebens- und Futtermittelrecht", sagte Höhn. Die Behörden müssten zudem die Kompetenz erhalten, die Öffentlichkeit über die genauen Produkte zu informieren" — auch wenn keine Gesundheitsgefährdung vorliege.

(qua)
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