Maulwurf in Westerwelles Büro

Helmut Metzner (41), der Büroleiter von Guido Westerwelle in der FDP-Zentrale, gab sich als Informant des US-Botschafters in Berlin zu erkennen. Der Parteichef hat Metzner von seiner Funktion entbunden, aber nicht gefeuert. Vertrauliche Dokumente seien nicht an die USA gegangen.

Er wird nicht gut geschlafen haben in den vergangenen Tagen. Der Spießrutenlauf von Helmut Metzner begann am Montag dieser Woche: Der "Spiegel" veröffentlichte Auszüge aus geheimen Dokumenten des diplomatischen Dienstes der USA, die die US-Internetplattform Wikileaks am gleichen Tag weltweit zugänglich machte. Darin fand sich auch eine pikante kleine Geschichte aus Berlin: Ein "junger, aufstrebender Parteigänger" der FDP, so hatte es US-Botschafter Philip Murphy Ende 2009 stolz nach Washington gekabelt, habe ihm eifrig Interna aus den laufenden Koalitionsverhandlungen von Union und FDP verraten.

Für die FDP ist der Vorgang äußerst schädlich und peinlich – zumal der Bundesaußenminister in den Darstellungen des US-Botschafters nicht besonders gut wegkam. Als "aggressiv" und "überschäumende Persönlichkeit" beschrieb ihn Murphy. "Er ist kein Genscher", schrieb er an US-Außenministerin Hillary Clinton.

Auch wenn Metzner mit diesen persönlichen Bemerkungen des US-Botschafters nichts zu tun haben mag – die parteiinterne Fahndung nach dem "Maulwurf" in der FDP begann unverzüglich. Nach außen gab sich Westerwelle betont gelassen, intern jedoch schäumte er. Fündig wurde er in seiner unmittelbaren Nähe: Ausgerechnet sein Büroleiter in der Berliner Parteizentrale, dem Thomas-Dehler-Haus, der 41-jährige Metzner, outete sich jetzt als Informant der USA.

Metzner stammt aus Franken und war Assistent der Geschäftsführung in der Friedrich-Naumann-Stiftung, bevor er in die Parteizentrale der FDP wechselte. Dort leitete er als Nachfolger von Stefan Kapferer, dem heutigen Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, bis zum Amtsantritt der schwarz-gelben Bundesregierung sechseinhalb Jahre lang die Abteilung für politische Kampagnen. Er gilt in der Partei als kreativer Kopf mit politisch-strategisch guten Ideen. Als Schwäche nennen Parteikreise seine mangelnde Führungs- und Durchsetzungskraft.

Zum Zeitpunkt der Regierungsbildung habe sein Stern in der Parteizentrale bereits zu sinken begonnen, berichten Kollegen. Metzner habe nicht mehr zum engsten Mitarbeiterkreis Westerwelles gehört. Sein Name wurde dann gehandelt, als es darum ging, FDP-Personal ins Haus von Entwicklungsminister Dirk Niebel zu schicken. Schließlich sei Metzner aber doch Büroleiter Westerwelles in der Zentrale geworden – ein Posten, der verglichen mit dem Job des Büroleiters im Auswärtigen Amt weniger wichtig war.

Metzner sei "im gegenseitigen Einvernehmen von seiner bisherigen Funktion als Büroleiter des Bundesvorsitzenden der FDP entbunden worden", hieß es in einer gestelzten Mitteilung des Parteisprechers. Die FDP-Führung habe es für "angemessen" gehalten, "Gespräche mit infrage kommenden Teilnehmern der Koalitionsverhandlungen zu führen". Im Zuge dieser Gespräche habe sich Metzner dann offenbart. Er habe "auf Bitten der US-Botschaft und in eigener Verantwortung" mit Murphy gesprochen und ihm "frei zugängliche Auskünfte" erteilt. Vertrauliche Dokumente habe er nicht weitergereicht. "Für ein rechtlich angreifbares Verhalten gibt es keinerlei Anhaltspunkte." Metzner soll nun andere Aufgaben wahrnehmen.

Tatsächlich waren es eher harmlose Details, die er dem US-Botschafter bereitwillig mitteilte. Dazu gehörten etwa Teilnehmerlisten von Arbeitsgruppen oder Zeitpläne. Auch las Metzner aus seinen Notizen vor, die er sich in den Koalitionsrunden gemacht hatte.

Wer auf der FDP-Homepage nach Metzner fahndet, wird rasch fündig, allerdings lassen sich viele Einträge schon nicht mehr öffnen. Immerhin dies blieb stehen: "Das Büro des Bundesvorsitzenden in der Bundesgeschäftsstelle, das künftig von Helmut Metzner geleitet wird, wird die internationalen Kontakte stärker pflegen."

Metzner hat diesen Wunsch Westerwelles wohl allzu eifrig eingelöst. Manch einer in der FDP will aber auch nicht ausschließen, dass er vom Außenminister in spe selbst losgeschickt wurde, um die USA von Westerwelles amerikafreundlichen Absichten zu überzeugen.

(Rheinische Post)
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