Massenprotest: Bankenpräsident räumt Fehler ein

Düsseldorf In Deutschlands Bankenmetropole Frankfurt zogen am Samstag Tausende von Kapitalismus-Gegnern vor die Europäische Zentralbank (EZB). In Berlin kam es während eines Protestmarschs von 8000 Banken-Kritikern durch das Regierungsviertel zu Tumulten, als einige von ihnen auf den Bundestag zustürmten.

In Düsseldorf demonstrierten laut Polizei 2500 Menschen. Weltweit gab es in 80 Staaten Proteste.

Andreas Schmitz, Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), sagte gestern gegenüber unserer Zeitung: "Die Banken stecken in einer Akzeptanzkrise. Das ist ein großes Problem." Banken seien bei ihren Geschäften auf die Akzeptanz der Gesellschaft angewiesen. Zugleich räumte Schmitz Fehler der Branche ein: "Es gibt auch Fehlentwicklungen bei den Banken, die sich zu weit von ihren ursprünglichen Geschäftsfeldern entfernt haben." Der Bankenpräsident warnte aber vor einer pauschalen Verurteilung der rund 650 000 Mitarbeiter des deutschen Bankgewerbes: "Die Banken haben die Schuldenkrise der Staaten nicht verursacht", so Schmitz. Die aktuellen Ereignisse seien vielmehr Ausdruck einer Krise des westlichen Wohlfahrtsstaates, "der seine Lasten nicht mehr wie bisher mit Hilfe von Schulden auf dem Rücken künftiger Generationen finanzieren kann".

Ursprung der weltweiten Proteste ist die US-Bewegung "Occupy Wall Street" ("Besetzt die Wall Street"), die seit 17. September zu Aktionen gegen die Auswüchse des Kapitalismus aufruft. Wolfram Siener, Sprecher des deutschen Ablegers der Protestbewegung, sagte bei der Kundgebung vor der EZB: "Es geht gegen die Banken, gegen die finanziellen Machthaber im System, es geht darum, dass Profite vor den Menschen stehen."

An die Seite der Banken-Kritiker stellen sich zunehmend auch Politiker. NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) sagte unserer Zeitung: "Mich wundert es nicht, dass die Menschen es nicht länger hinnehmen, wenn ein kostenloses Kindergartenjahr als Geldverschwendung gegeißelt wird, während das Finanzsystem mit dreistelligen Milliardengarantien stabilisiert werden muss." Oppositionsführer Karl-Josef Laumann (CDU) sagte: "Ich habe großes Verständnis für die Proteste. Das Misstrauen gegen Banken hat die bürgerliche Mitte erreicht."

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso will sich "persönlich dafür einsetzen", dass Strafen für maßlose Finanzmanager eingeführt werden. Politiker-Forderungen nach einer Zerschlagung von großen Banken widersprach Schmitz: "Nur große Einheiten haben genug Kapital, um den Kreditbedarf von internationalen Konzernen und Staaten zu bedienen."

(RP)
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