Russische Armee soll Geiseln halten Massengrab bei Grosny entdeckt

Moskau (dpa). Ein vermintes Massengrab mit mehreren Dutzend Toten unbekannter Herkunft ist am Samstag am Rand der tschetschenischen Hauptstadt Grosny entdeckt worden. Die russische Militärkommandantur erklärte, wahrscheinlich hätten die Rebellen bei ihrem verlustreichen Rückzug Ende Januar vergangenen Jahres ihre Gefallenen in einer Gartensiedlung nahe der Armeebasis Chankala verscharrt.

Erste Angaben über etwa 200 Tote in dem Grab seien "eindeutig unwahr" gewesen, sagte ein Armeesprecher der Agentur Interfax. Die Toten seien unterschiedlich alt, aber fast alle durch Schussverletzungen ums Leben gekommen.

In Grosny beschossen Rebellen am Freitagabend einen Polizeiposten und töteten zwei Polizisten. Drei russische Soldaten wurden nach Angaben der Armee getötet, als ihr gepanzerter Mannschaftstransporter bei der Ortschaft Baschkerty im Osten der abtrünnigen Kaukasusrepublik auf eine Mine fuhr.

Die russische Kriegsreporterin Anna Politkowskaja warf der Armee unterdessen vor, tschetschenische Geiseln in einem Lager im Berggebiet Wedeno festzuhalten. Angehörige müssten bis zu 500 US- Dollar für die Freilassung der Gefangenen zahlen, die in tiefen Erdlöchern eingesperrt seien. Das Kommando über das Lager bei dem Ort Chatuni führe das 45. Fallschirmjäger-Regiment, sagte Politkowskaja nach Angaben der Zeitung "Sewodnja" vom Samstag. Die Reporterin der Zeitung "Nowaja Gaseta" war Mitte der Woche von russischen Militärs in Tschetschenien zeitweise festgenommen worden.

Das russische Militär unterwirft die Berichterstattung über den Tschetschenien-Krieg einer strikten Zensur. Deshalb riskieren nur wenige Journalisten wie Politkowskaja eigene Recherchen im Kriegsgebiet. Russland hat in dem Feldzug zur Niederschlagung der tschetschenischen Rebellen seit Oktober 1999 nach offiziellen Angaben etwa 2700 Soldaten verloren. Menschenrechtsorganisationen schätzen die Zahl um ein Mehrfaches höher. Die Armee zählte etwa 15 000 getötete tschetschenische Rebellen. Zu den Verlusten der Zivilbevölkerung gehen die Schätzungen in die Zehntausende.

(RPO Archiv)
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