Neue Gewalt in Palästinensergebieten Massendemonstrationen in Jerusalem

Jerusalem/Gaza/Kairo (dpa). Unter dem Eindruck der bisher größten Massendemonstration rechtsgerichteter Israelis in Jerusalem und neuer Gewalt in den Palästinensergebieten haben sich die Regierungen Israels und der Palästinenser am Dienstag auf die vermutlich entscheidende, letzte Mission von US-Nahostvermittler Dennis Ross in der Region vorbereitet.

Es wird erwartet, dass Ross, der an diesem Mittwoch in Israel erwartet wird, den Entwurf eines Rahmenabkommens im Gepäck hat, mit dem US-Präsident Bill Clinton die beiden Seiten zur Annahme seiner jüngsten Kompromissvorschläge für ein dauerhaftes Friedensabkommen bewegen will.

Während führende Palästinenser diese Vorschläge bereits abgelehnt und Ross wegen seiner angeblich pro-israelischen Haltung scharf attackiert haben, erwägt Israel die Zustimmung zu dem Dokument, obwohl Experten des Außenministeriums in Jerusalem am Dienstag Bedenken äußerten.

Ministerpräsident Ehud Barak beriet am Dienstag mit seinen wichtigsten Ministern und Beratern über die offizielle israelische Haltung zu dem Vorschlag, der nach Angaben der US- Regierung als Ausgangspunkt für neue Verhandlungen nach dem Ausscheiden Clintons am 20. Januar dienen soll.

Barak sagte nach dem Treffen, die Amerikaner hätten „nach wie vor Kontakt zu beiden Seiten“. Ihr Ziel sei es, „die Verhandlungen und die Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten wieder zu Stande zu bringen“. Er gehe davon aus, dass Ross auch die Zustimmung beider Seiten zu einer „Erklärung“ suche, die Clinton am Ende seiner Amtszeit veröffentlichen wolle.

Etwa eine viertel Million rechtsgerichteter Israelis hatten am Montagabend vor den Altstadtmauern Jerusalems gegen Clintons Plan demonstriert, die Stadt zwischen Israel und den Palästinensern zu aufzuteilen. Tausende Polizisten waren im Einsatz, um etwaige Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Palästinensern in Ost- Jerusalem zu verhindern. Es wurden aber keine ernsthaften Zwischenfälle gemeldet.

Der Jerusalemer Bürgermeister Ehud Olmert wiederholte vor den Demonstranten die Notwendigkeit, Jerusalem vereint in israelischen Händen zu lassen. Clinton, den er als einen großen Freund Israels bezeichnete, sei der erste amerikanische Präsident, der vorgeschlagen habe, Jerusalem zu teilen.

Clinton hatte neben der Teilung Jerusalems in eine israelische und palästinensische Hauptstadt einen souveränen Palästinenserstaat in Gazastreifen und Westjordanland sowie den Verzicht der Palästinenser auf das Recht der Rückkehr für 3,7 Millionen palästinensische Flüchtlinge und ihre Nachkommen nach Israel vorgeschlagen. Die Palästinenser und mit ihnen die gesamte arabische Welt haben jedoch den Verzicht auf das Rückkehrrecht als inakzeptabel bezeichnet.

Israel und die Palästinenser haben sich bei ihren Gesprächen in Kairo über eine erneute Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Terrorismus auch am Dienstag nicht einigen können. Palästinensische Sicherheitskreise bestritten Äußerungen des israelischen Außenministers Schlomo Ben-Ami, wonach man sich bei den Gesprächen unter Vermittlung der USA auf die Wiederaufnahme der Sicherheitszusammenarbeit verständigt habe. Ben-Ami hatte zuvor erklärt, die Unterhändler beider Seiten hätten nach Vermittlung des US-Geheimdienstchefs George Tenet einen Acht-Punkte-Plan beschlossen.

Bei neuen gewalttätigen Zwischenfällen im besetzten Westjordanland sind am Dienstag wieder zwei Palästinenser von israelischen Soldaten getötet worden. Seit Beginn des Palästinenser-Aufstands Ende September sind nach Angaben des palästinensischen Roten Halbmonds 331 Palästinenser getötet worden. Die Zahl der israelischen Toten liegt bei 41.

(RPO Archiv)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort