Manuela Schwesig kämpft gegen den Krebs „Von guten Mächten wunderbar geborgen“

Berlin · Manuela Schwesig ist an Brustkrebs erkrankt. Den SPD-Vorsitz gibt sie ab. bleibt aber Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns und ist optimistisch, den Krebs besiegen zu können. Halt findet sie in ihrem Glauben.

 Manuela Schwesig (SPD), die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, hat Brustkrebs und legt ihre Ämter bei der Bundes-SPD nieder.

Manuela Schwesig (SPD), die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, hat Brustkrebs und legt ihre Ämter bei der Bundes-SPD nieder.

Foto: dpa/Jens Büttner

Es ist halb elf am Dienstagvormittag, als sich die ersten Eilmeldungen verbreiten: Manuela Schwesig hat Brustkrebs. Sie gebe deswegen den kommissarischen SPD-Vorsitz auf, den sie erst Anfang Juni mit Malu Dreyer und Thorsten Schäfer-Gümbel übernommen hatte. Für das politische Berlin ist die Diagnose ein Schock, besonders für Schwesigs Parteifreunde, in erster Linie aber für die 45-Jährige selbst.

Als die Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns eineinhalb Stunden später in der Staatskanzlei in Schwerin vor die Kameras tritt, wirkt sie gefasst, klar, kämpferisch. „Die Diagnose Brustkrebs hat mich und meine Familie schwer getroffen“, sagt Schwesig mit fester Stimme. Viele Menschen, die selbst oder von ihren Angehörigen eine entsprechende Diagnose bekommen hätten, wüssten das. „Die gute Nachricht für mich ist: Dieser Krebs ist heilbar.“ Allerdings sei dafür eine medizinische Behandlung notwendig, die überwiegend ambulant durchgeführt werden könne. Sie werde in den kommenden Monaten nicht alle Termine wahrnehmen können und habe deswegen ihre Ministerinnen und Minister gebeten, sie an diesen Tagen zu vertreten. Sie sei sehr zuversichtlich, dass sie wieder gesund werden könne, sagt Schwesig. In Verantwortung für das Land werde sie das Amt der Ministerpräsidentin weiter ausführen, so die SPD-Politikerin. Allerdings müsse sie ihre Arbeitsbelastung reduzieren – deswegen lege sie ihr Amt als kommissarische und das der stellvertretenden Parteichefin auf Bundesebene nieder.

Dreyer und Schäfer-Gümbel werden die SPD nun zu zweit weiterführen müssen, ab Oktober ist Dreyer ganz allein. Schäfer-Gümbel wechselt dann – wie schon lange angekündigt – zur Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Beide wünschen am Mittag bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz in Mainz ihrer Kollegin alles Gute. Man bleibe in engem Austausch. „Die Parteiführung wird nicht erschüttert“, sagt Dreyer, die seit Jahren auch persönlich ein sehr enges Verhältnis zu Schwesig pflegt.

Viele Spitzenpolitiker, bis zur Kanzlerin, sprechen Schwesig ihre Genesungswünsche aus. Und für den Umgang mit der Diagnose bekommt Schwesig Anerkennung von Ärzten. „Ich habe großen Respekt davor, wie positiv Manuela Schwesig mit ihrer Diagnose umgeht und an die Öffentlichkeit gegangen ist“, sagt die Direktorin der Uni-Frauenklinik Düsseldorf, Tanja Fehm. „Es ist auch für unsere Arbeit als Ärzte sehr hilfreich, wenn Prominente dem Krebs so kämpferisch entgegentreten.“ Sie seien anderen Betroffenen ein Vorbild, so Fehm.

Schwesig galt zunehmend als Hoffnungsträgerin ihrer Partei – nicht erst, als sie vor zwei Jahren den Job der Regierungschefin vom, ebenfalls an Krebs erkrankten, Erwin Sellering übernahm. Die Finanzbeamtin trat 2002 in die SPD ein und legte seitdem eine steile Karriere hin. Bereits 2005 wurde sie Sozialministerin in Mecklenburg-Vorpommern und machte im Willy-Brandt-Haus auf sich aufmerksam. Dort erkannte man ihr politisches Talent. Die SPD-Führung war auf der Suche nach einer Antwort auf die damalige erfolgreiche Familienministerin Ursula von der Leyen von der CDU. Schwesig wurde 2009 Teil des Kompetenzteams von Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier und nahm die Rolle der „roten“ von der Leyen gerne an. In Bund-Länder-Verhandlungen erwarb sie sich den Ruf der Hartnäckigkeit und der Hartleibigkeit. Spätestens seitdem sie als Parteivize-Chefin und Bundesministerin auch in Berlin mitmischte, galt sie nicht nur als Hoffnungsträgerin, sondern auch als Führungsreserve ihrer Partei. Schwesig wurde als mögliche Kandidatin für den Vorsitz gehandelt, schloss das aber nach dem Rücktritt von Andrea Nahles schnell aus. Ob ihre Erkrankung ein Grund dafür war? In Schwesigs Umfeld sieht man darin keinen Zusammenhang, die Diagnose sei nach der Entscheidung gekommen.

Es verwunderte und enttäuschte viele Parteifreunde Schwesigs, dass sie so unumstößlich beim Nein zum Vorsitz blieb. Zumal sie als ehrgeizige, umtriebige und tatkräftige Politikerin aufgefallen war, der nichts zu viel zu sein schien trotz Pendelns zwischen Berlin und Schwerin und einem zweiten Kind, das sie in der Amtszeit als Bundesfamilienministerin bekam.

Doch auch wenn Schwesig jetzt einen harten Kampf durchzustehen hat – auf der politischen Bühne bleibt sie präsent, eine weitere Karriere in der SPD ist möglich, gar wahrscheinlich. Schwesig hat Biss, davon profitiert sie jetzt selbst am meisten. Und sie findet Halt und Trost im Glauben. In einem Tweet zitiert Schwesig, die sich im Erwachsenenalter 2010 taufen ließ, eine Zeile aus dem Lied des evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffers „Von guten Mächten wunderbar geborgen“.

(jd/qua)
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