Berlin Manchester-Täter hatte Komplizen

Berlin · Britische Terror-Ermittler sind sich sicher: Der Selbstmordattentäter handelte nicht allein. Für den Kirchentag und das DFB-Pokalfinale in Berlin verschärfen die Behörden das Sicherheitskonzept.

Die Polizei in Manchester geht davon aus, dass hinter dem Selbstmordattentäter Salman Abedi ein Netzwerk steckt. Das sei "ganz klar", sagte der Polizeichef der Stadt, Ian Hopkins. Zuvor hatten bereits Premierministerin Theresa May und Innenministerin Amber Rudd Andeutungen in diese Richtung gemacht. Seit dem Anschlag vom späten Montagabend hat die Polizei fünf Personen festgenommen, darunter einen Bruder des Attentäters.

Ein weiterer Bruder und der Vater wurden gestern in der libyschen Hauptstadt Tripolis aufgegriffen. Der Bruder habe ausgesagt, Salman Abedi sei Mitglied der Terrormiliz IS gewesen, teilten die libyschen Sicherheitsbehörden mit. Auch er selbst habe Verbindungen zum IS und sei mit Einzelheiten des geplanten Anschlags vertraut gewesen. Der IS hatte nach dem Anschlag behauptet, Abedi sei sein "Soldat" gewesen.

Der Täter war vor dem Anschlag wahrscheinlich nach Syrien gereist, wie Frankreichs Innenminister Gérard Collomb unter Berufung auf britische Ermittler sagte. Bei dem Anschlag nach einem Konzert der Sängerin Ariana Grande waren 22 Menschen getötet worden; 20 Schwerverletzte schwebten gestern noch in Lebensgefahr. Unter den Toten sind viele Kinder und Jugendliche; Deutsche kamen nach Erkenntnissen der Bundesregierung nicht zu Schaden.

Deutschland wird aber Konsequenzen aus der Bluttat ziehen - beim Evangelischen Kirchentag und beim DFB-Pokalfinale am Wochenende in Berlin. Das Sicherheitskonzept wurde erweitert, um nach dem Ende von Veranstaltungen den "Abstrom der Gäste", so die Berliner Polizei, besser in den Blick zu nehmen.

In Berlin versucht die Polizei, die rund 100.000 Kirchentagsbesucher mit zusätzlichen Absperrungen durch Betonpoller und schwere Einsatzfahrzeuge zu schützen. Erstmals müssen sich die Teilnehmer auch auf Taschenkontrollen einstellen. Dies gilt ganz besonders für den Auftritt von Ex-US-Präsident Barack Obama mit Bundeskanzlerin Angela Merkel heute vor dem Brandenburger Tor. Am Samstag wird zudem das DFB-Pokalfinale zwischen Dortmund und Frankfurt die Polizei beschäftigen, die mit insgesamt 6000 Beamten präsent sein will. Die Video-Überwachung von Breitscheidplatz und Alexanderplatz sowie am Brandenburger Tor wurde intensiviert. Eine besondere Beobachtung gilt gewaltbereiten Islamisten aus der Region.

"Von Manchester muss das Signal ausgehen, dass den Sicherheitsdiensten in Europa bekannte hochgefährliche Terrorverdächtige noch intensiver überwacht werden", verlangte der Chef der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow. Mehr Sicherheit gebe es nur mit mehr Überwachung der Top-Gefährder. Dafür sei Personal einzustellen.

Großbritannien erhöhte erstmals seit zehn Jahren die Terror-Warnstufe auf "kritisch". Das bedeutet, dass jederzeit mit weiteren Anschlägen zu rechnen ist. Eine Einführung öffentlicher Alarmstufen auch in Deutschland kann nach Einschätzung des CSU-Innenpolitikers Hans-Peter Uhl sinnvoll sein, falls damit konkrete Maßnahmen verbunden werden. Unions-Sicherheitsexperte Stephan Mayer sagte dagegen, aus einer Herabstufung der Anschlagswahrscheinlichkeit könnten Behörden und Bürger falsche Schlüsse ziehen. Die Sicherheitslage habe sich nach Manchester nicht verändert. Die Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic sagte, ein Alarmstufensystem würde die Bevölkerung nur verunsichern.

(RP)
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