Moskau Lukaschenko will Todesurteile vollstrecken lassen

Moskau · Weißrusslands Präsident Aleksandr Lukaschenko weigert sich, zwei Todeskandidaten zu begnadigen. Gegen die Entscheidung protestieren Menschenrechtler und Politiker aus ganz Europa. Die EU erwägt, beim Treffen ihrer Außenminister kommende Woche weitere Sanktionen gegen das Land zu verhängen.

Einmal im Monat darf der zum Tode verurteilte Häftling Wladislaw Kowaljow Besuch empfangen. Das letzte Mal sahen ihn seine Mutter und seine Schwester am vergangenen Sonntag. Das Treffen im Gefängnis dauerte drei Stunden – erlaubt sind normalerweise nur 20 Minuten. "Erst hinterher begriff die Mutter, dass man sie zum Abschied hineingelassen hatte", schreibt die oppositionelle weißrussische Journalistin Irina Chalip.

Wenig später gab der autoritäre Präsident Aleksandr Lukaschenko seine Entscheidung bekannt: Er wird die Todeskandidaten Wladislaw Kowaljow und Dmitri Konowalow nicht begnadigen. Die beiden 26-Jährigen aus Witebsk waren im November 2011 zum Tode verurteilt worden. Sie sollen für mehrere Terroranschläge verantwortlich sein, darunter das Attentat auf die Minsker Metro im April 2011. Damals wurden 15 Menschen getötet und 300 verletzt. Der Prozess wurde international als Farce bewertet, für die Schuld der Angeklagten gab es keine stichhaltigen Beweise. Wladislaw Kowaljow sagte im Prozess aus, sein Schuldgeständnis habe er unter Folter abgelegt.

Weißrussland ist das einzige Land in Europa, in dem noch die Todesstrafe vollstreckt wird – meist durch Genickschuss. Laut Amnesty International wurden seit 1991 insgesamt 400 Menschen hingerichtet. Lukaschenko hat in den 18 Jahren an der Macht noch nie einen Todeskandidaten begnadigt. Sein Beschluss, dem Gnadengesuch von Kowaljow und Konowalow nicht stattzugeben, sorgt nun für europaweiten Protest. "Wir fordern die Regierung in Weißrussland nachdrücklich auf, als letztes Land in Europa unverzüglich ein Moratorium für die Todesstrafe einzuführen", heißt es in einem Aufruf. Unterzeichnet haben ihn unter anderem die Bundestagsabgeordneten Marieluise Beck (Grüne) und Roland Pofalla (CDU), der französische Philosoph André Glucksmann und Adam Michnik, Herausgeber der polnischen Zeitung "Gazeta Wyborcza".

Der Fall verschärft die Spannungen zwischen der EU und Weißrussland weiter. Sie sind bereits wegen der anhaltenden Menschenrechtsverstöße in dem Land groß.

(RP)
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