Liebe Leserinnen und Leser . . .

Der Flüchtlingsstrom ist ein reißender. Tausende überquerten allein gestern die bayerische Grenze. Mehr als eine Million dürften es bis Ende des Jahres bundesweit sein, so viele wie nie. Im Mittelmeer kentern weiter Schlepperboote. Kinder liegen tot im Ozean. "Erschöpfte und hilfsbedürftige Existenzen" nennt Jürgen Habermas die, die ankommen. Auf der anderen Seite wächst die Angst. Zäune werden gebaut. Politiker fordern eine "Festung". Schlagbäume und Stacheldraht, vergessen geglaubte Symbole des Nationalen, sind plötzlich Avantgarde. Und während die Kanzlerin weiter "Willkommen!" ruft, fragen sich viele: "Schaffen wir das wirklich?"

Auch wir in der Redaktion fragen uns das. Täglich. Unsere Antwort: Ja, das können wir schaffen. Weil wir es wollen. Weil wir schon ganz andere Herausforderungen gemeistert haben. Weil es gut gehen kann. Für unser Land.

Sind wir naiv? Gutmenschen am Schreibtisch? Vielleicht. Aber unsere Haltung hat ein starkes Fundament: unser Menschenbild. Christlich geprägt. Wir sehen in dem Fremden einen Nächsten. Unser Grundgesetz übrigens auch: Gebt den politisch Verfolgten das Recht auf Schutz und Aufenthalt, heißt es. Asyl hat Verfassungsrang. Es ist die Pflicht des Staatsbürgers, den Zufluchtsuchenden mit Zuversicht zu begegnen. Wie auch sonst? Mit Waffengewalt und Abschottung? Das ist es, was die rechten Kräfte in diesem Land wollen. Fremdenhass zeuge von eigener Schwäche, hat Richard von Weizsäcker mal gesagt. Wir aber sind ein starkes Land. Und seit Jahrhunderten ein Einwanderungsland. Die Integration der Vertriebenen, die Millionen Gastarbeiter: Deutschland hat schon Größeres geleistet. Und wir können aus den Fehlern ja lernen. Heißt: Wir sind offenherzig, aber nicht dumm.

Der Teddybär am Bahnhof ersetzt keinen Integrationsprozess. Bildung für Tausende Ungebildete und Analphabeten wird dauern und Geld kosten. Nicht jeder Flüchtling ist Ingenieur. Und: Wer bleiben will (und darf), hat eine Bringschuld. Die Mehrheitsgesellschaft kann nur integrieren, wenn sie sich selbst nicht verleugnet. Unsere Kultur ist eine der Freiheit, der Gleichberechtigung und des Rechts. Ohne Abstriche. Wer kriminell wird, wird bestraft. Egal, ob er Mustafa oder Manfred heißt. Dass die Polizei über bestimmte Gruppen, die auffällig wurden, besonders Buch führt, ist eine Selbstverständlichkeit. Eine konsequente Rückführung abgelehnter Asylbewerber ebenfalls. Wer sich vermeintlich politisch korrekt Tabus auferlegt, verrät die Werte, an die wir glauben.

Für uns heißt das: Wir berichten weiter, was ist. Ob es uns passt oder nicht. Die europäische Ordnung muss wiederhergestellt werden. Schnelle Verfahren an den Außengrenzen. Transitzonen. Eine faire Regelung der Verteilung.

Wir freuen uns, dass viele Leser unsere Meinung teilen. Und uns dies auch mitteilen. Viele Zuschriften zeigen aber auch Sorge und Unverständnis. Das gehört dazu. Entscheidend ist, dass die Diskussion sachlich, ja demokratisch geführt wird. Nicht jeder, der sagt, es sind zu viele, ist ein Rechter. Nicht jeder, der sagt, wir schaffen es, ist ein Fantast. Haltung statt Hetze. Das sollte uns leiten. Wir laden Sie, liebe Leserinnen und Leser, dazu ein. Heute geben wir denen Raum, die unsere Berichterstattung kritisieren. Zwei Seiten.

(RP)
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