Unterlagen enthielten genügend Verdachtsmomente Leuna-Akten bei Bundesanwaltschaft eingetroffen

Karlsruhe/Berlin (rpo). Rund 60 Aktenornder zur Leuna-Affäre sind aus der Schweiz bei der Bundesanwaltschaft eingetroffen. Mit der Übergabe könnten jetzt auch in Deutschland die Korruptions-Ermittlungen zu dem umstrittenen Leuna-Verkauf durchstarten.

Die Schweizer Akten enthielten genügend Verdachtsmomente, die Ermittlungen rechtfertigten, sagte der Schweizer Generalstaatsanwalt Bernard Bertossa dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Die Akten waren am Freitag in Deutschland eingetroffen.

Die Bundesanwaltschaft will die Unterlagen der Schweizer Ermittler nun prüfen. Dann werde entschieden, ob die Behörde der Schweizer Bitte um Übernahme der Strafverfolgung entsprechen könne, teilte die Behörde in Karlsruhe mit. Unterdessen bekräftigte Bertossa seine Kritik an den deutschen Justizbehörden.

Die bisherige Zusammenarbeit mit der deutschen Justiz hätte "schlechter nicht sein können", sagte Bertossa dem "Spiegel". Die Deutschen hätten sich "einfach tot gestellt". Man müsse vermuten, dass deutsche Politiker Geld erhalten haben könnten. "Wenn die deutschen Staatsanwälte diese Akten gelesen haben, werden sie wissen, welche Fragen sie welchen Personen stellen müssen", betonte Bertossa.

Die Leuna-Privatisierung und der Verkauf des Tankstellennetzes Minol an den französischen Konzern Elf Aquitaine habe zu Veruntreuungen bei Elf geführt und ungerechtfertigte Provisionszahlungen ausgelöst, sagte Bertossa. Zudem seien die Unterlagen des Bundeskanzleramtes zu dem Geschäft verschwunden. Hier müsse die Strafverfolgung einsetzen. Andernfalls bliebe nur der Schluss, dass Korruption in Deutschland nicht verfolgt werde.

Generalbundesanwalt Kay Nehm muss nun prüfen, ob seine Behörde für die Ermittlungen zuständig ist. Andernfalls will er die Akten an die zuständige Staatsanwaltschaft schicken. Im Zusammenhang mit der Privatisierung sind rund 80 Millionen Mark nach Deutschland geflossen. Einige Millionen seien nach Erkenntnis Bertossas auch auf Frankfurter Konten von Commerzbank und Dresdner Bank gewandert, meldete der Hessische Rundfunk (hr1). Damit könnte die Frankfurter Staatsanwaltschaft zuständig sein, sagte der Frankfurter Strafrechtler und ehemalige Hessische Datenschutzbeauftragte, Rainer Hamm, dem Sender.

Auch der Spenden-Untersuchungsausschuss des Bundestages will Einsicht in die Schweizer Akten beantragen. Hintergrund sind mögliche Schmiergeldzahlungen an die CDU.

PDS und FDP zogen eine kritische Halbzeitbilanz des Ausschusses. Die SPD stehe unter großem Erfolgsdruck, sagte die PDS-Obfrau im Ausschuss, Evelyn Kenzler, der Ludwigshafener "Rheinpfalz" (Samstag). SPD und Medien hätten Erwartungen geschürt und teilweise Ergebnisse vorweggenommen, um die CDU zu belasten. Diese hätten sich aber bislang nicht halten lassen. Der FDP-Obmann Max Stadler sagte der Zeitung, der Verdacht der Bestechlichkeit der früheren Bundesregierung Helmut Kohls habe sich nicht belegen lassen.

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Ausschusses haben nach Angaben des "Spiegel" eine erneute Prüfung der CDU- Rechenschaftsberichte gefordert. Es gebe neue Indizien dafür, dass die 100 000-Mark-Spende des Waffenhandels-Lobbyisten Karlheinz Schreiber die CDU nie erreicht habe, hätten die SPD-Vertreter in einem Brief an Bundestagspräsident Wolfgang Thierse betont. Auch die Spende von 5,9 Millionen Mark (rund 3 Millionen Euro) des Hamburger Unternehmerehepaars Ehlerding an die CDU von 1998 müsse neu durchleuchtet werden. Bis heute sei die Spende nicht ordnungsgemäß deklariert.

(RPO Archiv)
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