Frankfurt Leitzins auf Rekordtief gesenkt

Frankfurt · Die Entscheidung der Europäischen Zentralbank löste kurzzeitig ein Feuerwerk an der Börse aus. Die Phase der Niedrigzinsen bei Immobilien- und Unternehmenskrediten dürfte noch etwas anhalten.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Zinsen überraschend gesenkt. Der Leitzins liegt jetzt um 25 Basispunkte niedriger bei nur noch 0,25 Prozent, so tief wie nie. Die Währungshüter begründeten das mit der extrem niedrigen Inflation. Die war im Oktober auf nur noch 0,7 Prozent gefallen – von 1,1 Prozent im September. Die EZB sieht Preisstabilität bei einer Marke knapp unter zwei Prozent gewahrt.

Man rechne damit, dass die Inflationsrate für einen längeren Zeitraum niedrig bleibe, sagte EZB-Präsident Mario Draghi nach der Sitzung des EZB-Rates. Manche Ökonomen befürchten indes auf mittlere Sicht einen inflationären Schub, weil durch günstigere Kredite die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen steigen könnte. Dies würde die Preise nach oben treiben.

Viele Beobachter hatten für diesen Monat nicht mit einer Zinssenkung gerechnet, allenfalls für den nächsten. Im EZB-Rat habe man übereinstimmend festgestellt, dass man bald handeln müsse, sagte der EZB-Chef nach der Entscheidung. Allerdings hätten einige den Zeitpunkt lieber noch etwas aufgeschoben. Doch die Mehrheit plädierte für die Zinssenkung schon jetzt. Unberührt ließ die EZB jedoch den Einlagenzinssatz für Banken: Der bleibt bei 0,0 Prozent. Wenn die Banken ihre Gelder bei der EZB anlegen, dann erhalten sie dafür also weiter keine Zinsen. Die EZB könnte nun auch noch verlangen, dass die Banken für diese Einlagen zahlen – das wäre ein weiteres Instrument, das die europäische Währungsbehörde im Köcher hat. Sie könnte aber auch den Leitzins auf 0,0 Prozent senken oder noch mehr Geld in die Märkte pumpen, damit die Wirtschaft angekurbelt wird.

Für die Verbraucher bedeutet die gestrige Entscheidung einerseits noch etwas günstigere Kreditkonditionen als bisher schon. Vor allem Immobilienkredite dürften nun preiswerter zu haben sein. Das könnte in bestimmten Gegenden die Immobilienpreise weiter in die Höhe treiben, weil viele Bürger im "Betongold" eine einigermaßen wertstabile Anlage sehen.

Die Kehrseite der Zinssenkung ist natürlich die Geldanlage: Es wird jetzt noch schwieriger, für sein Erspartes eine auskömmliche Rendite zu erhalten. Für die Altersvorsorge muss man deshalb eher auf andere Geldanlageformen zurückgreifen, Aktien etwa. Auch Lebensversicherungen werden mehr Probleme bekommen, den zugesagten Garantiezins zu erwirtschaften. Der liegt zurzeit bei 1,75 Prozent.

An den Aktienbörsen gingen die Kurse kurz nach der Ankündigung oben. Der deutsche Börsenindex Dax stieg zeitweise um mehr als 100 Punkte, schloss am Tagesende jedoch nur mit einem leichten Plus von 0,44 Prozent bei 9081 Punkten. Ob die Wirtschaft in den Krisenländern, wie von der EZB gewünscht, mit diesen rekordniedrigen Zinsen angekurbelt wird, ist nicht sicher: Denn bisher schon haben die Banken sehr billig Geld leihen können, doch gerade in den Krisenländern haben sie es lieber gehortet, statt es an die Unternehmen auszuleihen.

(RP)
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