Berlin Langer Einsatz für Afghanistan

Berlin · Die Bundeswehr soll Polizei und Militär am Hindukusch ausbilden - bis die Afghanen ihr Land selbst gegen Terror schützen können.

Berlin: Langer Einsatz für Afghanistan
Foto: V. Weber

Der Bundestag hat gestern eine Ausweitung des AfghanistanMandats von derzeit höchstens 850 (zusammen mit Usbekistan sind es 914) auf bis zu 980 bis Ende 2016 beschlossen. Damit zeigt Deutschland wieder mehr Präsenz in dem Bürgerkriegsland.

Warum wird die Zahl der Soldaten in Afghanistan wieder aufgestockt und das Mandat verlängert?

Als die Bundeswehr und andere Nationen Ende 2014 wieder abzogen, verschlechterte sich die Sicherheitslage im Land. Je geringer die Präsenz der internationalen Truppen wurde, desto schlagkräftiger wurden die Taliban. Ihre Eroberung von Kundus war ein dramatischer Höhepunkt dieser Entwicklung. Die Deutschen waren bereits 2014 skeptisch, ob die Afghanen ihre eigene Sicherheit herstellen können. Schon damals sah Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen die Notwendigkeit, die Mission fortzusetzen. Doch die Amerikaner drangen auf den Abzug der Truppen.

Welches Ziel hat nun der erneute und verlängerte Einsatz in Afghanistan?

Die Deutschen werden in Afghanistan ihre Arbeit fortsetzen, die in den vergangenen Jahren vor allem darin bestand, die heimischen Polizei- und Militärkräfte auszubilden. Insbesondere die Polizei dort ist nicht stark genug, den Terror im eigenen Land zu bekämpfen. "Die afghanischen Kräfte müssen in die Lage versetzt werden, dass sie selbst für die Sicherheit im Land garantieren können", sagte der frühere Verteidigungsminister und Unionsfraktionsvizechef Franz Josef Jung (CDU) unserer Redaktion.

Wie lange wird der Afghanistan-Einsatz noch dauern?

Das aktuelle Mandat läuft bis Ende 2016. Die Bundesregierung stellt sich allerdings darauf ein, dass die Bundeswehr gegebenenfalls noch länger in Afghanistan im Einsatz bleiben muss, um die Sicherheit vor Ort zu garantieren.

Das internationale Eingreifen nach den Terroranschlägen von 2001 in Afghanistan und im Irak ist vielfach als Fehler kritisiert worden, der die Terror-Probleme von heute erst geschaffen hat. Ist das richtig?

Was den Irak betrifft, ist diese Kritik angemessen. Zwar wurde der irakische Diktator Saddam Hussein gestürzt, doch das gesamte Land destabilisierte sich, was die Ausbreitung des Terrors beförderte. In Afghanistan muss der Zusammenhang differenzierter betrachtet werden. Zwar konnten die Taliban dort nicht besiegt werden, es gibt aber viele Verbesserungen für die Zivilbevölkerung: Schulen auch für Mädchen, bessere Infrastruktur und eine frei gewählte Regierung. Würden sich die internationalen Truppen nun zurückziehen, wären auch die kleinen Fortschritte schnell dahin.

Wird der Afghanistan-Einsatz die Zahl der Flüchtlinge von dort verringern?

Das ist die Hoffnung der Bundesregierung. Deutschland würde gern sichere Regionen in Afghanistan definieren, in die Flüchtlinge zurückgeschickt werden können. Die Auslandseinsätze der Bundeswehr sind Teil des Konzepts, die Flüchtlingsursachen international vor Ort zu bekämpfen.

Ist die Bundeswehr an ihrer Belastungsgrenze?

Eine Erhöhung der Soldatenzahl wird seit dem Terroranschlag von Paris und der Entscheidung der Bundesregierung für die Ausweitung der Einsätze in Afghanistan und Mali sowie eines weiteren Einsatzes in Syrien diskutiert. Zumal die Bundeswehr mit bis zu 6.000 Soldaten täglich bei der Versorgung der Flüchtlinge hilft. Immer mehr Politiker sprechen sich daher für eine bessere Ausstattung aus. "Die Belastungsgrenze der Truppe ist fast erreicht", sagte der SPD-Abgeordnete Lars Klingbeil unserer Zeitung. Man habe Mandate wie Afghanistan, Mali und Syrien auf der einen Seite und die Flüchtlingshilfe auf der anderen. "Wir brauchen jetzt schnell eine realistische Defizitanalyse, und dann muss es eine Erhöhung von Truppenstärken und Verteidigungshaushalt geben. Der Weißbuchprozess bietet eine Chance hierfür."

(qua)
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