Kritik an Möllemann verschärft sich Lambsdorff: "Ist der normal?"

Berlin (rpo). "Ist der normal? Es kann so nicht weitergehen" - äußerte sich der FDP-Ehrenvorsitzende der FDP. Otto Graf Lambsdorff und fordert jetzt auch dessen Rücktritt vom Amt des nordrhein-westfälischen Parteivorsitzenden.

Auch seine Stellvertreterin im Landesvorsitz, Ulrike Flach, und das FDP-Präsidiumsmitglied Birgit Homburger distanzierten sich von ihm. Möllemann bestritt unterdessen erneut, dass er im Gespräch mit dem Magazin "Stern" die Führungsqualitäten von Parteichef Guido Westerwelle in Frage gestellt habe.

Nach Angaben des "Stern" hat Möllemann über Westerwelle gesagt: "Er hat schwere strategische Fehler gemacht und sich nicht getraut, Führung zu zeigen, Themen zu setzen und die dazu passenden Figuren nach vorn zu schieben... Westerwelle ist einfach zu dünn." Möllemann erklärte dazu: "Dieses Zitat ist nicht von mir. Es ist frei erfunden." Er halte dies für "vollkommen unverantwortlich" und erwarte eine Klarstellung von dem Magazin.

Die Chefredaktion des "Stern" bekräftigte hingegen am Mittwoch die Darstellung von "Stern"-Autor Hans Peter Schütz: Er habe sich am 6. September mit Möllemann in Düsseldorf zu einem Mittagessen getroffen. Bei diesem Gespräch sei das Zitat gefallen. In der Berliner FDP- Führung hieß es, Westerwelle habe keine Zweifel, dass der "Stern" Möllemann korrekt wiedergegeben habe. Westerwelle sei zutiefst enttäuscht und entsetzt darüber, "dass jemand die menschliche Basis der Zusammenarbeit in dieser Weise zerstört". FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper fragte Möllemann in einem Brief, ob er juristisch gegen den "Stern" vorgehen werde.

Möllemann war auf Forderung des Parteipräsidiums nach der für die FDP enttäuschenden Bundestagswahl als Partei-Vize zurückgetreten. Hauptkritikpunkt war Möllemanns kurz vor der Wahl mit Flugblättern erneut gestartete antiisraelische Kampagne. Gegen den Widerstand Westerwelles will er FDP-Landeschef in NRW bleiben und stellt sich am 7. Oktober bei einem Sonder-Landesparteitag einer Kampfabstimmung gegen seinen Stellvertreter, den Wirtschaftswissenschaftler Andreas Pinkwart.

Lambsdorff: Möllemann hat Wahlkampf der FDP zerstört

Lambsdorff sagte im DeutschlandRadio Berlin, Möllemann habe den Wahlkampf der FDP zerstört und die Bundesrepublik möglicherweise um einen Politikwechsel gebracht. Es sei nicht nachvollziehbar, dass Möllemann einerseits Westerwelle eine Zusammenarbeit anbieten und andererseits im "Stern" die Führungsarbeit kritisieren konnte, sagte Lambsdorff. "Man fragt sich manchmal: Ist der Mann bei all seiner Begabung, bei all seinem politischem Geschick, ist der normal?"

Das Versöhnungsangebot Möllemanns an Parteichef Guido Westerwelle vom Dienstag ist nach Ansicht des Präsidiumsmitglieds Homburger ein taktisches Manöver. Es sei nur der Versuch, "sich vor dem Sonderparteitag in Nordrhein-Westfalen eine günstige Ausgangsbasis zu schaffen", sagte Homburger dem Konstanzer "Südkurier". Landes-Vize Flach sagte nach dem "Stern"-Artikel, sie werde auf dem Sonderparteitag Pinkwart unterstützen. "Es ist an der Zeit, einen Neuanfang zu wagen."

Der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef und Möllemann- Vertraute Wolfgang Kubicki meinte hingegen, schlimmer als das Flugblatt sei die Tatsache gewesen, "dass meine eigene Partei drei Tage vor der Wahl, und dann drei Tage lang, ein Bild der inneren Zerrissenheit und des Machtkampfes geboten hat". Das hätten die Menschen nicht verstanden, und das habe auch die Regierungsfähigkeit der FDP nicht gerade gefördert.

Der Streit um Möllemann spaltet inzwischen die FDP in Nordrhein- Westfalen. So sprach der Kreisvorstand Düsseldorf Möllemann wegen "Missachtung der Gremien der Landes- und Bundespartei" einstimmig sein Misstrauen aus. Der Bezirk Ruhr forderte dagegen in einer Erklärung das "unverzichtbare Tandem Möllemann/Westerwelle" auf, zur Zusammenarbeit zurückzufinden. Der Vorstand des Bezirksverbands Ostwestfalen-Lippe beschloss, eine "Friedensdelegation" zu Parteichef Guido Westerwelle zu schicken.

Möllemann hatte einen Tag nach seinem erzwungenen Rücktritt als FDP-Vize am Dienstag Westerwelle die Versöhnung angeboten. Er räumte ein, dass sein umstrittenes Wahlkampf-Flugblatt ein Fehler gewesen sei. "Wer es gut mit der FDP meint, der bringt nicht die beiden stärksten Politiker dieser Partei gegeneinander auf", sagte er.

Genscher soll schlichten

Nun soll der FDP-Ehrenvorsitzende Hans-Dietrich Genscher schlichten. Einen entsprechenden Antrag will der Landeshauptausschuss der schleswig-holsteinischen FDP beschließen, sagte Landeschef Jürgen Koppelin den "Lübecker Nachrichten". Genscher solle sich mit Parteichef Westerwelle und dem NRW-Landesvorsitzenden Möllemann zusammen setzen, "um Brücken zu bauen", so Koppelin.

(RPO Archiv)
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