Peking Kurzer Prozess mit Chinas "Jackie Kennedy"

Peking · Nach gerade einmal einem Tag hat die Justiz in der ostchinesischen Stadt Hefei den Mordprozess gegen die Ehefrau des entmachteten Politikers Bo Xilai abgeschlossen. Wann ein Urteil gegen Gu Kailai (53) verkündet wird, teilte das Gericht zunächst nicht mit. Die Beweislage ergibt aus Sicht der Staatsanwaltschaft ein klares Bild: "Gu Kailai ist die Haupttäterin und Zhang ihr Komplize", erklärte sie. Gu und ihr Hausangestellter Zhang Xiaojun sollen den britischen Geschäftsmann Neil Heywood vergiftet haben. Gu drohen bei einer Verurteilung mehr als zehn Jahre Haft oder die Todesstrafe.

Gu und ihr Mann, der Politbüro-Funktionär Bo Xilai (63), galten lange Zeit als das perfekte "rote Paar" des Landes. Beide sind Kinder von Helden der kommunistischen Revolution. Gu wurde zuweilen als Jackie Kennedy Chinas beschrieben. Blogger nennen sie auch "Madame Korruption" oder " Lady Macbeth".

Die ehemalige Anwältin war in dem politischen Schauprozess chancenlos. Die chinesische Führung will mit einer raschen Verurteilung die Kollateralschäden des schwersten politischen Skandals seit Jahrzehnten begrenzen. Denn Bo Xilai, der einst mächtige Parteichef von Chongqing, ging mit seiner Frau zusammen unter. Im März, als er noch im Präsidium des Volkskongresses saß, galt der 63-Jährige als Auserwählter für den Aufstieg in die innere Führung der Weltmacht China. Bo konnte damit rechnen, im Oktober in den Ständigen Politbüro-Ausschuss aufzusteigen. Das gibt dem Skandal seine politische Brisanz.

Noch am Schlusstag des Volkskongresses im Juni hatte Bo an allen Abstimmungen teilgenommen. Dann verschwand er plötzlich in der Versenkung, angeblich verraten von dem ihm einst ergebenen Chongqinger Polizeichef Wang Lijun. Drei Wochen später wurde Bo wegen Verstoßes gegen die Parteidisziplin von allen Ämtern suspendiert, seine Frau und Wang wurden zu Kriminellen abgestempelt.

Die schockierte Öffentlichkeit erfuhr, dass Polizeichef Wang ein Verräter wurde, weil er im Februar in das US-Konsulat in Chengdu geflüchtet war, angeblich aus Angst vor Bo. Danach erst stellte er sich der chinesischen Staatssicherheit und enthüllte, was er zuvor den US-Diplomaten über Bo und über dessen Frau erzählt hatte; Sie sei eine Mörderin. Beweise soll Wang mitgebracht haben.

Auslöser für den Giftmord an dem britischen Geschäftsmann sollen ein Streit um Geld und die Furcht von Frau Bo gewesen sein, der Brite könne für ihren Sohn zur Gefahr werden. Wenn das Gericht dieses Motiv unterstellt, könnte das Bo vor der Hinrichtung bewahren.

Läuft alles wie geplant, kommt Bo Xilai mit einem parteiinternen Verfahren davon. Der Fall, so haben es die Propagand-Ämter vorgeschrieben, soll als Verstoß gegen Parteidisziplin dargestellt werden. Er stehe in keiner Verbindung zum "schweren politischen Vorfall" um Polizeichef Wang oder zum "Verbrechen" von Bos Frau.

(RP)
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