Neue Studie So sicher fühlen sich die Menschen in Deutschland

Berlin · Wie sicher oder unsicher fühlen sich die Menschen in Deutschland? Bundesinnenministerin Nancy Faeser und BKA-Präsident Holger Münch legen eine großangelegte Studie zur Kriminalität und Sicherheit im Lande vor. Ein Trend: Kriminalität wird zunehmend digital.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (vorne) und der Präsident des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, bei der Vorlage der Studie über Sicherheit in Deutschland

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (vorne) und der Präsident des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, bei der Vorlage der Studie über Sicherheit in Deutschland

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Die gute Nachricht zuerst. Nancy Faeser will sie schnell loswerden. „Deutschland ist weiter eines der sichersten Länder der Welt“, betont die Bundesinnenministerin. Neben ihr sitzt der Präsident des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, und bestätigt mit einem Nicken diese Einschätzung der Ministerin. Deutschland also weiter sicher – trotz eines neuen gesellschaftlichen Umfeldes und einer entsprechend veränderten Wahrnehmung von Sicherheit in Teilen der Bevölkerung durch Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg und Kampf um Gas, Öl, Erneuerbare Energie. Faeser und Münch sind an diesem Dienstagmittag in Berlin angetreten, um das Ergebnis einer gemeinsamen Bürgerbefragung des BKA und der Polizeien der Länder vorzulegen. Wie sicher oder unsicher fühlen sich Menschen im eigenen Land? Wie weit ist Kriminalität in deren Alltag vorgedrungen? Oder wie sehr fühlen sie sich davon zumindest bedroht?

Gut 45.000 Interviews haben Bund und Länder für das Jahr 2020 für ihre Studie „Sicherheit und Kriminalität in Deutschland“ ausgewertet. Noch nie waren in Deutschland so viele Menschen über ihre Erfahrungen mit Kriminalität befragt worden. Faeser und Münch bewegen sich bei der Vorstellung der Studie zwischen „analogem Hellfeld“ und „digitalem Dunkelfeld“, dort also, wo die Polizei bislang zu wenig weiß, weil Straftaten von den Opfern bisher entsprechend gering angezeigt werden. So würden etwa im Dunkelfeld der Cyberkriminalität von zehn Cyberverbrechen nur knapp zwei (18 Prozent) angezeigt. Bei Sexualstraftaten würde gar nur ein Prozent der Delikte zur Anzeige gebracht. Hier fehlten oft Beweise oder der Wunsch des Opfers, die Tat zu vergessen, führe häufig dazu, dass ein solches Sexualdelikt nicht angezeigt werde. Bei Autodiebstahl (92 Prozent) oder vollendetem Wohnungseinbruch mit Diebstahl (88 Prozent) werde dagegen fast jede Tat angezeigt und somit auch ein Fall für die Ermittler. Die Polizei beobachte eine „Digitalisierung der Kriminalität“ während „klassische analoge Delikte“ zurückgingen. BKA-Präsident Münch sagt denn auch zur Absicht der jetzt vorgelegten Studie: „Wir bringen Licht ins Dunkelfeld.“ Vor allem: „Wir machen das Licht jetzt auch regelmäßig an.“ Ab 2024 soll diese sogenannte Dunkelfeldstudie der Polizei von Bund und Ländern alle zwei Jahre regelmäßig vorgelegt werden.

Faeser und Münch wissen nach der großflächigen Befragung jetzt, dass beispielsweise 42 Prozent der Bevölkerung fürchten, Opfer von Betrug im Internet zu werden. 27 Prozent der Befragten vermieden deshalb, Geldgeschäfte über das Internet abzuwickeln. Diese Sorgen vor neuen Formen der Kriminalität sei deutlich stärker verbreitet als etwa Opfer von anderen Straftaten zu werden. Auch beunruhigend: Nur etwas weniger als die Hälfte der Bevölkerung (46 Prozent) fühlt sich nachts in Bussen und Bahnen sicher. Unter Frauen sei dieser Anteil mit 33 Prozent noch einmal deutlich niedriger als unter Männern mit 60 Prozent. Faeser, Ministerin für die innere Sicherheit im Lande, weiß um die Ängste von Frauen. Aus Angst vor Kriminalität würden 58 Prozent der Frauen nachts bestimmte Straßen, Plätze und Parks meiden, bei den Männern betrage dieser Anteil nur 29 Prozent, betonte die Ministerin.

Faeser und Münch sind allerdings zufrieden, dass die Menschen im Land die Arbeit der Polizei mit Mehrheit positiv bewerteten und Vertrauen in die Polizei hätte. 90 Prozent stimmten zu, dass Polizisten bürgerfreundlich seien und sich professionell verhielten. „Dafür bin ich nicht nur als BKA-Präsident, sondern auch als Polizist dankbar“, so Münch. 84 Prozent der Befragten gaben an, die Polizei sei da, wenn sie sie brauchten. Dennoch hätten 24 Prozent der Bevölkerung den Eindruck, dass Polizistinnen und Polizisten Mitgefühl fehle. Vor allem Menschen mit Migrationshintergrund unter den Befragten fühlten sich von der Polizei weniger fair behandelt als Menschen ohne Migrationshintergrund.

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