Berlin Kretschmanns schwierige Partnersuche

Berlin · Die Sondierungen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt laufen. Die CDU fürchtet Grün-Schwarz.

Nach den Erfolgen der AfD bei den Landtagswahlen am vergangenen Sonntag ist die Koalitionssuche besonders schwer. Weder in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz noch in Sachsen-Anhalt können die jeweils stärksten Parteien ihre Wunschbündnisse eingehen, die Stimmenanteile sind zu breit verteilt. Die künftigen Ministerpräsidenten müssen also Kompromisse eingehen, die für erhebliches Unbehagen während der Sondierungsgespräche sorgen dürften. Das gilt insbesondere für die Verhandlungsrunden in Stuttgart und Mainz.

In Baden-Württemberg hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) gestern ein erstes Gespräch mit der SPD geführt, am Abend wollten die Grünen auch mit der CDU sprechen. Die Grünen hatten die Wahl mit 30,3 Prozent vor der CDU mit 27,0 Prozent gewonnen. Die SPD sackte drastisch auf nur 12,7 Prozent ab, lag hinter der AfD mit 15,1. Die FDP zog mit 8,3 Prozent wieder in den Landtag ein.

Um weiterregieren zu können, kann Kretschmann nur eine grün-rot-gelbe oder eine grün-schwarze Koalition anführen. Die FDP hatte jedoch am Montagabend erklärt, sie schließe eine Beteiligung an einer Ampelkoalition mit SPD und Grünen aus, weil dies nicht dem Wählerwillen entspreche. Kretschmann und der SPD-Landesvorsitzende Nils Schmid warben gestern jedoch nach ihrem Gespräch um die FDP: "Aus unserer Sicht gibt es keine unüberwindbaren Hindernisse", sagte Kretschmann. Auch Schmid sagte, er sei in wichtigen inhaltlichen Punkten offen für die FDP.

Kretschmann zeigte sich verwundert darüber, dass die FDP in Rheinland-Pfalz der "Ampel" wohlwollend gegenüberstehe, in Baden-Württemberg aber nicht. "Wir sind nicht weniger liberal als die rheinland-pfälzischen Grünen", betonte er. Kretschmann hat hier sogar untertrieben, denn die Grünen im Südwesten verfolgen seit Jahren einen bürgerlich-ökologischen Mitte-Kurs, während ihr Pendant in Rheinland-Pfalz eher links orientiert ist. Die Liberalen sprechen morgen mit den Grünen, die Erwartungen sind aber gedämpft.

Gelingt Kretschmann die Ampelkoalition nicht, bliebe ihm nur ein grün-schwarzes Bündnis. Das wäre für die Grünen aber nur die zweitbeste Lösung.

Auch in der CDU gibt es bis nach Berlin Vorbehalte gegen die Rolle des Juniorpartners. Befürchtet wird die Marginalisierung der Union, ähnlich wie es der SPD passiert ist. Andersherum könnte neben der schwarz-grünen Koalition in Hessen eine weitere Annäherung der beiden Parteien in Baden-Württemberg aber auch als Blaupause für die Bundestagswahl 2017 gelten.

In Baden-Württemberg versucht die CDU aber vorerst, die Preise für ein mögliches Zweierbündnis in die Höhe zu treiben, indem sie mit einer schwarz-rot-gelben Koalition droht, die Kretschmann zu Fall bringen würde. Die Konservativen appellierten an die SPD, sich nicht von vornherein gegen ein solches Bündnis zu stellen. Die SPD argumentiert jedoch, die Bürger würden Kretschmann und nicht den unterlegenen CDU-Mann Guido Wolf als Ministerpräsidenten wollen. Seine Partei werde sich nicht dazu hergeben, den Willen der Wähler zu ignorieren, sagte Schmid. Die Union geht jedoch davon aus, dass die SPD noch umkippt, wenn sie nur in der Regierung bleiben könnte.

Unterdessen haben SPD, FDP und Grüne in Rheinland-Pfalz erste Termine für Sondierungsgespräche beschlossen. Es wird erwartet, dass die Gespräche in dieser Woche beginnen. Für Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) wäre eine große Koalition nur eine Notlösung, sagte sie. CDU-Landeschefin Julia Klöckner, die Vorsitzende der Landtagsfraktion bleibt, kritisierte, dass die SPD bisher nicht mit der CDU reden will. Die SPD hatte die Wahl mit 36,2 Prozent gewonnen, die CDU mit 31,8 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis erzielt. Die Grünen kamen auf nur noch 5,3 Prozent, die FDP holte 6,2 Prozent, die AfD brachte es auf 12,6 Prozent.

Und in Sachsen-Anhalt kann Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) nur mit SPD und Grünen zusammen regieren. Das Konfliktpotenzial ist hier geringer, da sich die drei Parteien einer besonders starken AfD gegenübersehen. Die Partei rechts der CDU holte aus dem Stand 24,2 Prozent.

(RP)
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