Russland Kremlpartei gewinnt

Moskau · Die Partei Geeintes Russland erringt bei den Parlamentswahlen die absolute Mehrheit. Sie galten als Test für die Wiederwahl Putins 2018.

Die Russen haben ein neues Parlament gewählt. Wenig überraschend liegt die Kremlpartei Geeintes Russland nach ersten Hochrechnungen deutlich vorne. 44,5 Prozent der Wähler stimmten laut russischem Staatsfernsehen für die Partei von Präsident Putin. Daneben schafften drei weitere Parteien den Sprung ins Parlament. Überschattet war die Abstimmung jedoch auch dieses Mal von Manipulationsvorwürfen.

Vor fünf Jahren endete die russische Dumawahl in wütenden Protesten der Bürger gegen mutmaßliche Fälschungen. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatte darauf hin die Zahl ihrer Beobachter deutlich aufgestockt: Insgesamt waren 466 Wahlbeobachter im Einsatz - doppelt so viele wie noch 2012 bei der russischen Präsidentenwahl. Ihre Aufgabe ist gewaltig: Im größten Flächenland der Erde waren nach Angaben der Zentralen Wahlkommission in Moskau 111 Millionen Menschen aufgerufen, ihre Stimme abzugeben.

Für die Wahl galten neue Regeln. Die Änderung ermöglichte der Opposition zumindest theoretisch neue Chancen. Bisher entschied allein das Ergebnis auf nationaler Ebene über die Verteilung der Mandate in dem als Duma bekannten Unterhaus des russischen Parlaments. Dieses Mal wurden 225 der 450 Sitze auf regionaler Ebene direkt vergeben, die andere Hälfte in bestimmten Bezirken. Nach den neuen Regeln konnten außerdem auch unabhängige Kandidaten antreten. Darüber hinaus wurden die Voraussetzungen für kleinere Parteien vereinfacht. Folglich standen in diesem Jahr insgesamt 14 Parteien zur Wahl, doppelt so viele wie 2011. Als unabhängige Kandidaten konnten sich allerdings nur 23 Personen registrieren.

Dass in Russland Wahlen manipuliert werden, hat Tradition. Vor knapp fünf Jahren führten die Manipulationen bei der Parlamentswahl zu vehementen Protesten Hunderttausender Bürger. Der Kreml ließ die Demonstranten zunächst kontrolliert gewähren. Erst nach der erfolgreichen Wahl des alten und neuen Präsidenten Wladimir Putin im Mai 2012 überrollte die Staatsmacht die Opposition mit brachialen Unterdrückungsmaßnahmen. Damals, im Winter 2011, nahm eine Entwicklung ihren Anfang, die ihren bisherigen Höhepunkt in der Krim-Krise des Jahres 2014 erreichte: die endgültige Hinwendung Putins zum diktatorischen Regieren und die unwiderrufliche Abwendung von den freiheitlich-demokratischen Werten des Westens.

Hatte sich Putin 2008, nach Ablauf seiner ersten beiden Amtszeiten, noch als Hüter der Verfassung präsentiert und seinen Vertrauten Dmitri Medwedew ins Präsidentenrennen geschickt, so trat er nun als "nationaler Führer" auf, der das Land gegen Unterwanderungsversuche von außen schützen müsse. Seit jeher war es die größte Angst Putins, von einer prowestlichen Farbenrevolution gestürzt zu werden, wie sie in Georgien 2003 und in der Ukraine 2004 bereits stattgefunden hatten. Als sich das Ganze in der Kiewer Euromaidan-Revolution Anfang 2014 wiederholte und zuspitzte, reagierte Putin mit militärischen Mitteln. Er ließ, gegen jedes Völkerrecht, die Krim annektieren. Klar muss sein: Wer sich damit abfindet, akzeptiert den Eroberungskrieg als Mittel der Politik.

Es war deshalb richtig, dass der ukrainische Präsident Petro Poroschenko in diesen Tagen vor der Duma-Wahl die Finger in die russischen und von Russland geschlagenen Wunden legte und die Abstimmung auf der Krim illegal nannte. Natürlich weiß Poroschenko, dass er auf die Abläufe vor Ort keinerlei Einfluss hat. Aber sein Protest weist doch wenigstens auf die schmähliche Entwicklung hin, die in Russland seit 2011 stattgefunden hat. In Teilen der westlichen Welt wird die russische Hinwendung zur diktatorischen Gewaltherrschaft noch immer notorisch verharmlost. Es ist absurd, dass sich linke und rechte Populisten in ihren Attacken gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ebenso einig sind wie in ihrer offensiven Verteidigung des Putinismus. Widersprüchlicher geht es nicht. Dabei ist offensichtlich, dass es beiden Autokraten vor allem um den Ausbau der persönlichen Machtbasis geht, wobei Erdogan immerhin noch einigermaßen demokratisch wählen lässt.

Putins Manipulationsapparat dagegen ist gut geölt. Nach einer Umfrage des Moskauer Lewada-Instituts sind mehr als die Hälfte der Russen überzeugt, dass es bei der Duma-Wahl Fälschungen gegeben hat.

(RP)
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