Istanbul Korruptions-Affäre belastet Erdogan

Istanbul · Waren vier Minister bestechlich? Der Präsident wiegelt ab - das passt seiner Partei nicht.

Am Montag entscheidet ein Untersuchungsausschuss des Parlaments in Ankara darüber, ob vier wegen Korruptionsvorwürfen zurückgetretene türkische Minister vor Gericht gestellt werden sollen. In der Regierungspartei AKP regt sich Widerstand gegen den Wunsch von Präsident Recep Tayyip Erdogan, die Politiker von allen Vorwürfen freizusprechen. Der Ausschuss spricht eine Empfehlung an das Parlament aus. Dort entscheiden die Abgeordneten in den kommenden Wochen, ob ein Verfahren gegen die vier Ex-Minister vor dem Verfassungsgericht gestartet werden soll.

Seit mehr als einem Jahr behauptet Erdogan, dass an den Korruptionsvorwürfen gegen seine Regierung nichts dran ist. Ex-Wirtschaftsminister Zafer Caglayan, der frühere EU-Minister Egemen Bagis, der ehemalige Innenminister Muammer Güler und Ex-Bauminister Erdogan Bayraktar waren Ende 2013 von Istanbuler Staatsanwälten im Zusammenhang mit Korruptionsermittlungen genannt worden. Caglayan ließ sich demnach unter anderem von einem Geschäftsmann eine Schweizer Edel-Armbanduhr im Wert von mehreren Hunderttausend Euro schenken. Erdogan entließ die damaligen Staatsanwälte und viele an dem Fall beteiligte Polizisten, anschließend stellte die auf Linie gebrachte Justiz die Ermittlungen ein.

Medienberichten zufolge plant die AKP, mindestens einen Ex-Minister vor Gericht zu stellen, um nicht den Eindruck einer Partei zu vermitteln, die korrupte Politiker schützt. Erdogan stellt sich gegen seine Partei. Denn eine Anklage durch das Parlament würde seine These, wonach die Korruptionsvorwürfe Teil eines finsteren Komplotts gegen die Regierung sind, zusammenbrechen lassen.

Der frühere Staatsanwalt Hakki Köylü ist Vorsitzender des Untersuchungsausschusses. Doch Erdogan kann sich nicht sicher sein, dass der 64 Jahre alte Parteisoldat tut, was er von ihm erwartet: Köylü nimmt seine Aufgabe als Ermittler ernst und besteht auf dem Recht des Ausschusses, die vier Ex-Minister und ihre Vermögensverhältnisse genau unter die Lupe zu nehmen. Medienberichten zufolge wies Köylü die Unschuldsbeteuerungen von zwei Ex-Ministern als unglaubwürdig zurück und deutete an, dass Vermögenswerte der Betroffenen konfisziert werden könnten.

Unterdessen hat in Ankara gestern der Prozess gegen 13 ehemalige Polizisten wegen Bespitzelung begonnen. Den Beschuldigten wird vorgeworfen, im Jahr 2011 Abhörgeräte in Amtsräumen Erdogans angebracht zu haben. Erdogan war damals noch Ministerpräsident. Bei einer Verurteilung drohen den Angeklagten bis zu 36 Jahre und sechs Monate Haft.

(RP)
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