Konservativer Wahlsieg in Kanada

Calgary Auf diesen Moment hatte Stephen Harper lange gewartet: fünf lange Jahre. "Endlich haben wir eine starke, eine stabile Regierung", rief der kanadische Premierminister, als er in der Nacht zu gestern in Calgary vor seine jubelnden Anhänger trat. "Die Zeit der Unsicherheit ist zu Ende." Zuvor hatten die kanadischen Wähler Harpers konservativer Partei bei der vorgezogenen Parlamentswahl im dritten Anlauf die absolute Mehrheit beschert und zugleich die separatistischen Kräfte in der französischsprachigen Provinz Québec in die politische Bedeutungslosigkeit geschickt. Für das zweitgrößte Flächenland der Welt könnte damit eine neue Ära der Stabilität beginnen. "Ich werde für alle Kanadier da sein und daran arbeiten, das Land wieder zusammenzuführen", versprach Harper, der das Land seit 2006 als Chef einer Minderheitenregierung geführt hatte.

Kanada leidet seit Jahrzehnten an einer Spaltung zwischen dem englischen und französischen Landesteil und hatte zuletzt mehrere kurz aufeinander folgende Legislaturperioden ohne klare Mehrheiten hinter sich. Dieser Verhältnisse waren viele Kanadier nun offenbar überdrüssig. Zum vierten Mal in nur sieben Jahren hatten sie am Montag an die Urnen gehen müssen, nachdem Harpers Regierung vor sechs Wochen wegen eines Streits um den Haushalt und wegen diverser politischer Skandale eine Vertrauensabstimmung im Parlament verloren hatte.

Der Sturz hat Harper am Ende nicht geschadet. Im Gegenteil: Seine konservative Partei legte im Vergleich zur letzten Wahl 2008 um zwei Punkte auf 39,6 Prozent zu und gewann 24 Mandate hinzu. Harpers Regierung kann sich zukünftig auf 167 von 308 Parlamentssitzen in Ottawa stützen. Die Konservativen vertreten eine stabile Stammklientel auf dem Land, konnten diesmal aber auch bei den Menschen in den Großstädten und bei den Millionen Immigranten punkten. Neben der politischen Stabilität des Landes lag einer Mehrheit der Wähler die wirtschaftliche Erholung und die Kriminalitätsbekämpfung am Herzen.

Stärkste Oppositionspartei sind künftig die Sozialdemokraten mit ihrem charismatischen Parteiführer Jack Layton. Seine Partei konnte die Zahl ihrer Mandate mit dem Versprechen nach mehr sozialer Gerechtigkeit nahezu verdreifachen. Sie stellt zukünftig 102 Abgeordnete, so viele wie noch nie. Die Sozialdemokraten steigerten ihren Stimmanteil von 18,1 auf 30,6 Prozent.

Der Bloc Québecois, der traditionell einen eigenständigen Staat der Frankokanadier anstrebt, ist dagegen von 47 auf nur vier Mandate eingebrochen. Sein Parteichef Gilles Duceppe trat noch am späten Abend zurück. Auf absehbare Zeit dürfte das das Ende für jegliche Unabhängigkeitsbestrebungen bedeuten.

(RP)
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