Finanzwissenschaftler erklärt Vorschlag für rechtswidrig Kommission: Viel mehr Geld für Politiker

München/Düsseldorf (dpa/lnw). Die Amtsbezüge von Ministerpräsidenten und Ministern sollten nach dem Vorschlag einer Expertenkommission drastisch angehoben werden. Die Regierungsmitglieder müssten im Gegenzug allerdings auf Politiker- Privilegien und Vergünstigungen verzichten.

Der Vorsitzende der von Bayern und Nordrhein-Westfalen eingesetzten Kommission, Unternehmensberater Roland Berger, appellierte am Dienstag in München an Bund und Länder, ein solch "transparentes System" national umzusetzen. Parteienkritiker Prof. Hans Herbert von Arnim, der unter Protest aus der Expertenrunde ausgetreten war, nannte das Vorgehen des Gremiums verfassungsrechtlich "höchst anfechtbar". An diesem Donnerstag soll der Bericht in Düsseldorf offiziell an die Ministerpräsidenten von NRW und Bayern, Wolfgang Clement (SPD) und Edmund Stoiber (CSU), übergeben werden.

Vorschlag: 650.000 statt 330.000 Mark

Konkret schlägt die Kommission vor, die Amtsbezüge der beiden Regierungschefs von derzeit rund 330.000 auf 650.000 Mark im Jahr anzuheben. Die Minister sollen statt bisher rund 300.000 künftig 500.000 Mark bekommen. Unter dem Strich ergäbe sich nach Berechnungen der Experten für die Minister durch den Wegfall bisheriger Extra- Leistungen insgesamt aber etwa das gleiche Brutto-Einkommen wie jetzt. Bei den Regierungschefs würden die Einkünfte um etwa 20 Prozent steigen.

Derzeit erhalten Regierungsmitglieder nach den Worten von Roland Berger neben ihren Amtsbezügen sechs weitere Einkommensbestandteile. So haben sie Versorgungsansprüche, Anrecht auf Übergangsgelder, Einkünfte aus dem parallelen Abgeordnetenmandat, steuerfreie Pauschalen für Regierungsmitglieder und Abgeordnete sowie zusätzlich die "normalen" Privilegien eines Spitzenbeamten.

Zusammen genommen machen diese Extra-Leistungen nochmals fast so viel aus wie die regulären Amtsbezüge. Die Ministerpräsidenten der beiden bevölkerungsreichsten Bundesländer Bayern und NRW kommen damit laut Kommission derzeit auf ein fiktives Gesamteinkommen von 620 000 Mark und 590 000 Mark pro Jahr - die Minister auf 585 000 beziehungsweise 525 000 Mark. "Das heutige System der Vergütung ist derart unübersichtlich, dass es auch für Experten nur mit erheblichem Aufwand nachvollziehbar ist", sagte Berger.

Den Vorschlägen der Experten zufolge soll die Vergütung künftig auf die drei allgemein bekannten Einkommenselemente Amtsbezüge, Alterversorgung und Übergangsgeld reduziert werden. Zudem ist eine Abkoppelung vom System der Beamtenbesoldung vorgesehen. So könne einerseits eine angemessene Entlohnung sicher gestellt und zugleich Transparenz für den Bürger erreicht werden, sagte Berger.

Finanzwissenschaftler Arnim verließ Gremium aus Protest

Arnim sprach dagegen auf einer eigenen Pressekonferenz in Berlin von einem "ungeheuerlichen Vorgang". Offenbar versuche die "politische Klasse", bei den öffentlich umstrittenen Politikerbezügen von der Defensive in die Offensive zu kommen. Nach dem Vorschlag der Kommission bekämen die Ministerpräsidenten umgerechnet rund 50.500 Mark im Monat, während der Bundeskanzler nur auf knapp 41.000 Mark komme, rechnete er vor. Die Kommission habe ihm keine Chance geben wollen, sein Minderheitenvotum vorzutragen. Berger wies die Kritik zurück.

Besonders kritisiert die Kommission die steuerfreien Aufwandspauschalen für Politiker. "Sie sind für den Normalbürger, der seine berufsbedingten Aufwendungen nur gegen Beleg erstattet bekommt, nicht nachvollziehbar", sagte Berger. Auch die Versorgungsansprüche seien überzogen.

Derzeit machen die "echten" Amtsbezüge der Ministerpräsidenten seinen Angaben zufolge nur etwa ein Achtel dessen aus, was etwa ein Vorstandsvorsitzender in einem DAX-Unternehmen verdienen kann. Dennoch sei ein gewisser Unterschied gerechtfertigt, weil ein Politiker aus öffentlichen Kassen bezahlt werde und nicht in erster Linie für Geld, sondern für das Wohl der Gemeinschaft arbeite.

"Wir können nur dann Spitzenleute für Spitzenpositionen in der Politik bekommen, wenn sie auch einigermaßen besoldet werden", erklärte Kommissionsmitglied Rolf von Hohenhau, der Präsident des Steuerzahlerbundes Bayern. Dem unabhängigen Gremium hatten insgesamt 15 hochrangige Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik angehört.

(RPO Archiv)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort