Kolumne Berliner Republik Tropfenfolter zum Frühstück

Radiohören am frühen Morgen ist manchmal wie Tropfenfolter. Ein Tropfen ginge ja noch. Aber dann geht das weiter und weiter, immer auf die gleiche Stelle, bis man vor Schmerzen laut schreien möchte. So wie in einem, sagen wir: einfühlsamen Interview der Moderatorin des Deuschlandfunk mit Ferda Ataman. Ataman wird als Journalistin bezeichnet, ist aber Aktivistin. Zwei Stühle, eine Meinung. Das ist ohnehin ein Grundübel unserer Zunft seit geraumer Zeit. Dass zu viele Kollegen Aktivismus statt kühl-analytischem Journalismus in kritischer Äquidistanz betreiben. Als Sprecherin einer Initiative namens "Neue deutsche Organsationen" sagte Ferda Ataman dann vor dem Hintergrund der Kippa-Aktionen in Berlin und in anderen Städten: Antisemitismus sei nicht nur ein muslimisches Problem, sondern eines in der Breite der Gesellschaft.

 Christoph Schwennicke.

Christoph Schwennicke.

Foto: Schwennicke

Die Antisemitismus-Debatte macht Journalisten zu Aktivisten, die Kritik verschleiern.

Radiohören am frühen Morgen ist manchmal wie Tropfenfolter. Ein Tropfen ginge ja noch. Aber dann geht das weiter und weiter, immer auf die gleiche Stelle, bis man vor Schmerzen laut schreien möchte. So wie in einem, sagen wir: einfühlsamen Interview der Moderatorin des Deuschlandfunk mit Ferda Ataman. Ataman wird als Journalistin bezeichnet, ist aber Aktivistin. Zwei Stühle, eine Meinung. Das ist ohnehin ein Grundübel unserer Zunft seit geraumer Zeit. Dass zu viele Kollegen Aktivismus statt kühl-analytischem Journalismus in kritischer Äquidistanz betreiben. Als Sprecherin einer Initiative namens "Neue deutsche Organsationen" sagte Ferda Ataman dann vor dem Hintergrund der Kippa-Aktionen in Berlin und in anderen Städten: Antisemitismus sei nicht nur ein muslimisches Problem, sondern eines in der Breite der Gesellschaft.

Ja, ja, ja und noch mal Ja! Es gibt Antisemitismus in verschiedenen Bereichen unserer Gesellschaft. Widerlich ist das. Aber die aktuellen Fälle, das Mobbing auf den Schulhöfen, das Rappen widerlicher Texte und das Einschlagen mit der Gürtelschnalle auf Kippaträger in den Straßen von Berlin haben nur einen Hintergrund: einen muslimischen. Dieser aktuelle Antisemitismus ist nicht heimisch, sondern importiert. Weil das Juste Milieu der Aktivisten-Journalisten das aber nicht benennen möchte, wird mit geradezu atemberaubender Skrupellosigkeit versucht, diesen offenkundigen Befund zu verwässern. Das Problem einzubetten in einen scheinbar existierenden Kontext, um der Erkenntnis auszuweichen, dass die reflexartige Abwehr von Kritik an muslimischer Kultur und Tradition in unserer Gesellschaft und der Aktivismus-Journalismus die AfD erst möglich gemacht haben.

Christoph Schwennicke ist Chefredakteur des "Cicero" und schreibt regelmäßig an dieser Stelle im Rahmen einer Kooperation. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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