Kölner Silvesternacht Viele Sex-Delikte von Silvester bleiben ungesühnt

Düsseldorf · Die prominente Aufarbeitung der Kölner Silvesternacht im Düsseldorfer Landtag verdrängt die Tatsache, dass es zum Jahreswechsel in mehreren Städten zu ähnlichen Vorgängen kam. Nach BKA-Angaben wurden deutschlandweit insgesamt knapp 900 Sexualdelikte mit mehr als 1200 Opfern registriert, rund 650 davon wurden in Köln zum Opfer von Übergriffen.

Chronik der Übergriffe in Köln: Die Ereignisse rund um die Silvesternacht
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Die Ereignisse rund um die Silvesternacht in Köln

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Foto: dpa/Markus Boehm

Trotz dieser hohen Zahlen wurden bundesweit aber nur 120 Verdächtige ermittelt, heißt es in einer neuen Bilanz des Bundeskriminalamtes, aus der die "Süddeutsche Zeitung" und die Sender NDR und WDR zitieren. "Wir müssen davon ausgehen, dass viele dieser Taten auch im Nachgang nicht mehr ausermittelt werden", sagte BKA-Präsident Holger Münch.

Da es um Übergriffe in Gruppen ging, seien nach Schätzungen wohl mehr als 2000 Männer an den Taten beteiligt gewesen. Die meisten sollen aus Nordafrika stammen, Syrer seien praktisch nicht beteiligt gewesen. In Hamburg sollen 400 Frauen Opfer geworden sein, weitere Übergriffe gab es offenbar auch in Stuttgart und Düsseldorf. Dennoch gab es bundesweit bislang nur vier Verurteilungen zu diesen Sexualdelikten.

Bei den 120 identifizierten Verdächtigen sei der Tatverdacht teils nur vage. Die Ermittlungen würden dadurch behindert, dass es von den Opfern kaum aussagekräftige Beschreibungen der Täter gebe.

Laut der BKA-Erhebung hielt sich rund die Hälfte der Tatverdächtigen erst seit kurzer Zeit in Deutschland auf, also weniger als ein Jahr. BKA-Präsident Münch sagte: "Insofern gibt es schon einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten des Phänomens und der starken Zuwanderung gerade in 2015." Die Taten seien aber wohl nicht vorab geplant und verabredet gewesen.

Die NRW-Landesregierung muss sich im Zusammenhang mit den Übergriffen in Köln seit Februar in einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss gegen zwei Vorwürfe verteidigen. Zum einen, dass die Sicherheitsbehörden einen solchen Vorgang nicht verhindern konnten. Und zum anderen, dass sie sich erst am 4. Januar öffentlich dazu geäußert hat.

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat vor wenigen Tagen erneut erklärt, bei den Übergriffen auf Frauen aus einer größeren Gruppe heraus habe es sich um ein für die deutschen Behörden neues Phänomen gehandelt, das nicht vorhersehbar gewesen sei. Auch das Ausmaß der Übergriffe habe sich erst nach Tagen abgezeichnet, so dass die Landesregierung nicht früher habe reagieren können.

(dpa/tor)
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