Ab 2013 staatliche Zuschüsse für private Vorsorge Koalition einig bei Pflege-Riester

Berlin · Wer privat für die Pflege vorsorgt, soll ab 2013 staatliche Zuschüsse bekommen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) einigen sich auf steuerliche Vergünstigungen. Die FDP muss indes Abstriche in Kauf nehmen. Der finanzielle Anreiz ist gering.

Die Bundesregierung will nach dem Vorbild der "Riester-Rente" auch die private Vorsorge in der Pflege mit staatlichen Mitteln unterstützen. Nach Informationen unserer Zeitung aus Regierungskreisen haben sich die Fachleute von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe auf eine Kombination aus direkten staatlichen Zuschüssen für Geringverdiener sowie eine steuerliche Abzugsfähigkeit der Privatvorsorge bei der Steuererklärung geeinigt. Damit kämen Geringverdiener, die keine Steuern zahlen, auch in den Genuss der staatlichen Hilfe.

Anreizwirkung des "Pflege-Bahrs" offenbar gering

Allerdings hält sich das Gesamtvolumen der staatlichen Förderung in Grenzen. Finanzminister Schäuble soll im Haushaltsjahr 2013 lediglich 200 Millionen Euro für das Projekt vorgesehen haben, die Summe könne in den Folgejahren je nach Nachfrage aber auf etwa 600 Millionen Euro jährlich steigen, hieß es. Wie viele Menschen die Hilfe in Anspruch nehmen würden, ist unklar. Die Details der Förderung, die in der Koalition mit Bezug auf den Namen des Gesundheitsministers scherzhaft "Pflege-Bahr" genannt wird, sollen noch festgelegt werden. Nach Schätzungen der privaten Versicherer würde eine private Pflegezusatzversicherung je nach Alter und Gesundheitszustand des Versicherten zwischen fünf und 100 Euro pro Monat kosten. Beispiel: Eine 50-jährige Frau müsste für den Anspruch auf ein Pflegetagegeld von 1500 Euro pro Monat, das bei Pflegestufe 2 zu 70 Prozent und bei Pflegestufe 1 zu 40 Prozent ausgezahlt würde, 96 Euro pro Monat zahlen. Davon könnte sie dann einen (kleinen) Teil aus staatlichen Zuschüssen decken.

Die Spitzen der Koalition sollen den Kompromiss möglichst in der Sitzung des Koalitionsausschusses am 4. März beschließen. Die Reform soll zum Januar 2013 in Kraft treten. Damit setzen Union und FDP nach Monaten des Streits eine Verabredung aus dem Koalitionsvertrag um, allerdings in deutlich abgeschwächter Form. Die FDP hatte stets auf eine obligatorische, kapitalgedeckte Privatversicherung gedrängt. Daraus wird nichts. Schon im November vergangenen Jahres hatten die Parteichefs der Koalition die Pflicht zur Vorsorge fallenlassen. Nun soll es die staatliche Unterstützung nur für eine klassische Risikopolice geben, die das Pflegerisiko im Alter abdeckt. Die finanziellen Anreize fallen mit dem geplanten Volumen von zunächst 200 Millionen Euro bescheidener aus, als es sich FDP- und CSU-Gesundheitspolitiker gewünscht hatten.

Finanzminister Schäuble lehnte angesichts der Finanzlage der öffentlichen Kasse einen direkten Zuschuss ab, lenkte nun aber offenbar ein. Dafür fällt das Gesamtvolumen zunächst niedriger aus. Schäuble fürchtete ein neues Haushaltsloch, wie es die Förderung der privaten Rentenversicherung in die öffentlichen Kassen gerissen hat. Die Zuschüsse für die in ihrer Wirkung durchaus umstrittene Riester-Rente kosteten den Staat seit ihrer Einführung im Jahr 2001 bis heute neun Milliarden Euro.

Aktuell sind in Deutschland rund 2,3 Millionen Menschen pflegebedürftig. Weil der Anteil der älteren Menschen an der Gesamtbevölkerung wächst und damit die Kosten für die Pflege langfristig steigen, hatten sich Union und FDP darauf geeinigt, die private Pflegeversicherung staatlich zu fördern und so das Umlagesystem zu entlasten.

Noch ist die finanzielle Situation in der gesetzlichen Pflegeversicherung allerdings entspannt. Dank der guten Beschäftigungslage und der steigenden Einnahmen verfügte die Pflegekasse Ende 2011 über ein Finanzpolster von 5,3 Milliarden Euro. Das ist mehr als das Doppelte der vorgeschriebenen Reserve von 2,5 Milliarden Euro. Die Überschüsse, die die Versicherung seit ihrer Einführung 1995 angehäuft hat, dürften angesichts der Alterung der Gesellschaft aber bald aufgebraucht sein, befürchten Koalitionspolitiker. Spätestens 2016, so der CSU-Sozialexperte Johannes Singhammer, seien diese Reserven erschöpft. Die jüngste leichte Erhöhung der Pflegebeiträge um 0,1 Prozentpunkte ist vor allem für die bessere Versorgung Demenzkranker gedacht. Den möglichen Kompromiss, sollte er so von der Bundesregierung verabschiedet werden, bezeichnete Singhammer als "guten Weg". Er befürchtet allerdings, dass der finanzielle Anreiz bei der genannten Summe von 200 Millionen Euro im ersten Jahr zu gering sein könnte, um die private Vorsorge attraktiv werden zu lassen.

Die SPD lehnt die Pläne für eine private Pflege-Versicherung rundheraus ab und hatte die Pläne schon früher als Sonderkonjunkturprogramm für die Finanzdienstleistungsbranche kritisiert.

(RP)
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