Berlin Koalition beschwört Einigkeit

Berlin · Fast vier Monate hatten sich die drei Chefs der Regierungsparteien CDU, CSU und FDP nicht mehr persönlich ausgesprochen. Zuletzt waren Kanzlerin Angela Merkel, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und Wirtschaftsminister Philipp Rösler im Februar in der Hochphase der Affäre um Bundespräsident Christian Wulff zu einem Krisengipfel zusammengekommen. Nach Wochen des Streits um Betreuungsgeld, Haushalts- und Europapolitik sowie der Wahlniederlage für die CDU in NRW gab es Gesprächsbedarf.

Mehr als drei Stunden saßen Merkel, Seehofer und Rösler gestern ab Mittag bei Kaffee und Kuchen im Büro der Kanzlerin zusammen. Kanzleramtschef Ronald Pofalla und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) kamen zwischendurch dazu. "Von Haushalt bis Sozialversicherung war alles Thema", berichtete ein Teilnehmer. In der Europapolitik und bei der Energiewende will die Koalition in die Offensive kommen. Merkel, Seehofer und Rösler bekräftigten ihren Widerstand gegen gemeinsame Euro-Anleihen. Zusätzliche Hilfen für Griechenland soll es vorerst nicht geben. Seehofer und FDP-Chef Rösler setzten durch, dass im Bundestag noch vor der Sommerpause über den Fiskalpakt und den Euro-Rettungsschirm ESM abgestimmt wird. Merkel wollte sich mehr Zeit für Verhandlungen mit der SPD lassen. Die Bundesregierung ist auf eine Zweidrittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat und damit auf die SPD angewiesen.

Nun will Schwarz-Gelb die Opposition mit einem Wachstumspaket locken, das parallel zum europäischen Fiskalpakt verabschiedet werden und die Forderung nach einer "finanziellen Beteiligung der Finanzmärkte" enthalten soll. Die Opposition verlangt die Einführung einer Finanzmarktsteuer.

Die Parteichefs einigten sich auch auf mehr Tempo bei der Energiewende und bekräftigten den Beschluss, das Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kleinkinder zu Hause erziehen, umzusetzen. Die FDP setzte eine private Pflegezusatzversicherung durch. Künftig soll jeder Sparer, der eine solche Police abschließt, mit fünf Euro monatlich gefördert werden. CDU-Experte Jens Spahn begrüßte dies: "Damit erhalten auch Geringverdiener eine Chance, für sich vorzusorgen."

Beim Streit um die von der CSU geforderte Pkw-Maut sowie einen von der FDP ins Gespräch gebrachten vorzeitigen Ausgleich des Bundeshaushalts schon 2014 und die Abschaffung der Praxisgebühr gab es gestern indes keine Einigung. Einen Kompromiss soll der Koalitionsausschuss noch im Juni finden. CSU-Chef Seehofer war dennoch zufrieden. "Ich fahre mit dem guten Gefühl zurück nach München, dass diese Regierungskoalition die wichtigen politischen Aufgaben national wie international anpacken will und lösen kann", sagte er.

(RP/jh-)
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