Klartext bei Erdogan

Es ist nicht jeden Tag lustig, Bundeskanzlerin zu sein. Heute zum Beispiel möchte man nicht in Angela Merkels Haut stecken, wenn sie dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ihre Aufwartung macht. Der hat sein Land seit dem gescheiterten Putschversuch im Sommer in atemberaubendem Tempo zu einer Autokratie umgebaut. Jetzt steht er kurz vor seinem großen Ziel, die zusammengeraffte Macht durch eine Verfassungsänderung legalisieren zu lassen. Im April steht dazu eine Volksabstimmung an. Merkels Besuch, ob sie das will oder nicht, wird von Erdogan als Signal ihrer Unterstützung für seine Politik ausgeschlachtet werden.

Es sei denn, die Bundeskanzlerin spricht öffentlich und in aller Schärfe die Probleme an: die Gleichschaltung von Medien und Justiz durch Erdogan, seinen Rachefeldzug gegen Andersdenkende, die Missachtung von Menschenrechten. Vor allem aber auch die skandalösen Spitzel-Aufrufe an Ditib-Imame in Deutschland. Offene Worte sind gefragt - trotz der türkischen Drohung, den Flüchtlingspakt zu kündigen. Wir haben uns lange genug erpressen lassen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort