Kinder benötigen Freiraum statt Arznei

In fast jeder Schulklasse gibt es einen davon: den Klassenclown, den Zappelphilipp, den Ruhestörer. Diese Kinder erhalten immer schneller die Diagnose: ADHS, nicht selten dazu das Arzneimittel "Ritalin", das die Kinder ruhiger macht.

Die Entwicklung ist besorgniserregend: Der sprunghafte Anstieg der Diagnosen und Verordnungen muss dringend Anlass sein, den Gründen nachzugehen, warum die Kinder Verhaltensauffälligkeiten zeigen und schlicht nicht so funktionieren, wie es Eltern und Lehrer erwarten. Ein wichtiger Hinweis ist das Alter der Kinder, in dem ADHS oft diagnostiziert wird: Zwischen 9 und 11 Jahren steht der Wechsel auf die weiterführende Schule an, der für viele Jungen und Mädchen mit erheblichem Leistungsstress verbunden ist. In Kombination mit einem vollen Freizeitprogramm aus Musikschule, Nachhilfe und Computerspielen und nicht selten Trennungen der Eltern sind viele Kinder hoffnungslos überfordert. Ihnen fehlen Zeit, Raum und irgendwann auch die Ideen, frei zu spielen, sich auszutoben. An diesem Punkt müssen die Hilfen und Therapien zuerst ansetzen. Die Arznei zum Ruhigstellen darf nur der letzte Ausweg sein. Auf Rezept bekommt man jedenfalls keine Musterkinder.

(RP)
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