Persönlich Kim Jong Un lädt die Partei zum Abnicken

Straßen wurden asphaltiert, Laternenpfähle frisch gestrichen und die Elendsviertel am Ufer des Taedong abgerissen - in Pjöngjang herrschte in den vergangenen Monaten ungewöhnliche Betriebsamkeit.

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un (33) ließ seine Hauptstadt herausputzen. Seit einigen Wochen ist auch klar, wofür: Im letzten stalinistisch geprägten Land der Welt ist gestern der siebte Parteitag der Kommunistischen Partei zusammengetreten. Dafür, dass es sich um das formal wichtigste Gremium im Einparteiensystem Nordkoreas handelt, ist die letzte Zusammenkunft dieser Art erstaunlich lange her. 1980 gab es zuletzt ein vergleichbares Ereignis in Pjöngjang. Westliche Beobachter erwarten, dass Kim Jong Un die Bühne nutzen will, um sich seine "Byungjin"-Politik absegnen zu lassen, die das Streben nach weiteren Atomwaffen als Mittel der außenpolitischen Absicherung und wirtschaftliche Maßnahmenpakete kombiniert.

Kim übernahm die Führung nach dem Tod seines Vaters Kim Jong Il im Jahr 2011. Die ersten Jahre seiner Herrschaft waren von kompromisslosen Säuberungsaktionen geprägt. So soll er 2013 die Exekution seines Onkels Jang Song Thaek angeordnet haben. Auch die Hinrichtung des früheren Verteidigungsministers Hyon Yong Chol - angeblich mit einem Flak-Geschütz - wurde durch Staatsmedien bestätigt.

Dass der Parteitag nicht als Zeichen für eine mögliche Öffnung des Landes gewertet werden kann, lässt der Umgang des Regimes mit rund 100 ausländischen Journalisten erahnen. Die Medienvertreter wurden zur Tagungshalle gebracht, erhielten aber keinen Zugang. Stattdessen ging es nach kurzem Aufenthalt zurück ins Hotel. Dass die Berichterstattung darunter leiden wird, ist aber unwahrscheinlich: Das zu erwartende sozialistische Traumergebnis von mindestens 99,9 Prozent Zustimmung lässt sich auch bequem von der Hotelbar aus vermelden.

(RP)
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