Gaddafis Sohn in Berlin Kein Kontakt zu Shelter-Now-Leuten

Berlin (rpo). Die Bundesregierung hat nach Angaben des Auswärtigen Amts seit zwei Wochen keinen Kontakt mehr zu den in Afghanistan festgehaltenen Mitarbeitern der Hilfsorganisation Shelter Now. Man bemühe sich intensiv darum, die Verbindung wiederherzustellen.

Über eine Freilassung der Gefangenen hat Libyen nach eigenen Angaben mit dem Taliban-Regime verhandelt. Diese Kontakte seien mittlerweile ausgesetzt, hieß es.

Der Sohn des libyschen Staatschefs, Saif Al-Islam Gaddafi, der schon voriges Jahr bei der Freilassung westlicher Geiseln auf der Philippinen-Insel Jolo eine Schlüsselrolle gespielt hatte, war am Dienstag in Berlin mit Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier zusammengetroffen. Der Besuch stehe im Rahmen der Kontakte zur Konsolidierung der internationalen Koalition gegen den Terrorismus, hieß es. Ein Treffen mit Außenminister Joschka Fischer sei zeitlich leider nicht möglich gewesen, erklärte Michaelis.

Vor dem Besuch Gaddafis hat es nach seinen Worten keine Gespräche über eine libysche Vermittlung gegeben. Der letzte Kontakt zu den festgehaltenen Shelter-Now-Mitarbeitern datiert nach Angaben des Sprechers vom 24. Oktober. Bedauerlicherweise gebe es keinen neuen Stand. Parallel zu den Bemühungen, wieder direkten Kontakt zu knüpfen, sei man aber in der Lage, ihnen Hilfsmittel zukommen zu lassen.

Ein Sprecher der Gaddafi-Stifung in Tripolis bestätigte derweil, dass mit den Taliban verhandelt werde. Die Kontakte seien vor den Anschlägen vom 11. September aufgenommen worden. Sie seien "mittlerweile gestoppt, aber nicht unbegrenzt", sagte er. Der Berliner "Tagesspiegel" (Mittwochausgabe) zitierte Gaddafis Sohn mit den Worten, die Taliban hätten bereits vor den Terroranschlägen vom 11. September um Vermittlung gebeten. Diese Gespräche seien auch nach den amerikanischen Luftangriffen fortgesetzt worden.

Die Taliban werfen den Shelter-Now-Mitarbeitern - darunter zwei Amerikanerinnen, zwei Australier sowie drei Frauen und ein Mann aus Deutschland - christliche Missionierung von Moslems vor. Auch 16 einheimische Mitarbeiter wurden angeklagt. Die USA hatten ein Angebot der Taliban abgelehnt, die Ausländer im Falle des Verzichts auf einen Angriff freizulassen.

Gaddafis Sohn zeigte Verständnis für die US-Angriffe auf Afghanistan. Das Magazin "Stern" zitierte ihn mit den Worten: "Was in Afghanistan passiert, ist eine natürliche Reaktion der Amerikaner." Er bekräftigte die Bereitschaft seines Landes, sich am Kampf gegen den Terrorismus zu beteiligen. Im "Tagesspiegel" mahnte er, die USA sollten es vermeiden, Unschuldige anzugreifen und zu töten: "Denn das ist eine Provokation für alle Moslems." Einen Erfolg der Militäraktion bezeichnete er angesichts des bergigen Terrains und des bevorstehenden Winters als unwahrscheinlich.

(RPO Archiv)
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