Kaufkraft von Rentnern sinkt drastisch

Berlin Der Zuwachs der Renten in Deutschland ist in den vergangenen zehn Jahren deutlich geringer ausgefallen als die Inflation. Während die Preise von 2001 bis 2010 um durchschnittlich 1,36 Prozent kletterten, wuchsen die Renten nur um 0,82 Prozent. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken-Fraktion hervor, die unserer Zeitung vorliegt.

Die Entwicklung droht sich fortzusetzen. In diesem Jahr liegt die Rentensteigerung mit knapp einem Prozent zwar über den durchschnittlichen Steigerungen der Vergangenheit, und auch für die kommenden Jahre erwarten die Experten Erhöhungen von mehr als einem Prozent. Aber auch die Inflation nimmt an Fahrt auf. Im ersten Halbjahr 2011 lag sie bei 2,3 Prozent. Für die zweite Jahreshälfte sagen die Experten Preissteigerungen von drei Prozent voraus.

Die Senioren stehen mit der Entwertung ihrer Renten nicht alleine. Auch die Arbeitnehmer hatten in den vergangenen zehn Jahren nach Abzug der Preissteigerung weniger Geld übrig. Nach Angaben der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung sind die Reallöhne von 2000 bis 2010 um 0,9 Prozent gesunken. Damit liege die Bundesrepublik an letzter Stelle der 15 alten EU-Länder.

In Deutschland steigt die Altersarmut schleichend. Seit 2003 wächst die Zahl der Senioren, die auf staatliche Hilfe angewiesen sind, kontinuierlich. Auch dies geht aus einer Aufstellung der Bundesregierung hervor. So lag die Zahl im Jahr 2000 noch bei rund 439 000 Bürgern. Im Jahr 2009 betrug sie bereits rund 764 000. Nach der Sommerpause will das Sozialministerium einen "Regierungsdialog Rente" starten. Dabei sollen Ministerien, Fachpolitiker, die Rentenversicherung, Sozialverbände, Gewerkschaften, Arbeitgeber und die Wissenschaft Vorschläge gegen Altersarmut erarbeiten.

SPD-Chef Sigmar Gabriel wirft indes der Bundesregierung Untätigkeit vor. "Wenn die Bundesregierung das Problem weiter ignoriert, werden in Zukunft viele Menschen von Altersarmut betroffen sein", sagte Gabriel unserer Zeitung. Das eigentliche Problem liege darin, dass die Bundesregierung den gesetzlichen Mindestlohn verweigere und eine faire Bezahlung der Leih- und Zeitarbeitnehmer blockiere. Gabriel forderte: "Wer 35 bis 40 Jahre Vollzeit gearbeitet hat, darf im Alter nicht auf die Grundsicherung verwiesen werden, denn das ist nichts anderes als Hartz IV." Gabriel forderte für Arbeitnehmer mit vielen Beitragsjahren eine Sockelrente, die über der Grundsicherung liegt.

(RP)
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