Gefechte schüren Kriegsangst Kaschmir-Konflikt: Joschka Fischer schaltet sich ein

Neu-Delhi/Islamabad (rpo). Ungeachtet internationaler Appelle zu einer friedlichen Beilegung des Kaschmir-Konflikts haben Indien und Pakistan die Kriegsvorbereitungen weiter vorangetrieben. Die deutsche Bundesregierung rief unterdesen eindringlich zu einem Abbau der Spannungen auf. Außenminister Joschka Fischer telefonierte am Freitag nach Sprecherangaben mit seinem indischen Kollegen Jaswant Singh. Am Vortag habe er mit dem pakistanischen Außenminister Abdul Sattar telefoniert.

Nach nächtlichen Gefechten entlang der Grenze flohen zahlreiche Menschen aus ihren Dörfern, die indische Armee ordnete die Evakuierung von 20.000 Bewohnern aus rund 40 Grenzorten an. Soldaten verminten Flächen vor diesen Dörfern.

Ein Sprecher des pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf, General Rashid Quereshi, sagte zu den indischen Aktionen: "Die indische Regierung manövriert sich in eine Ecke, aus der sie nur schwer wieder herauskommen kann." Der indische Innenminiser Lal Advani setzte die Kriegsrhetorik mit der Bemerkung fort, Indien sei zur entscheidenden Schlacht bereit, "ungeachtet der Unterstützung, die wir von anderen Ländern in diesem Krieg gegen den Terrorismus erhalten werden". Es gab bis Freitag von keiner Seite Hinweise dafür, ob Atomwaffen einsatzbereit gemacht worden sind. Entlang der 1.800 Kilometer langen gemeinsamen Grenze stehen sich beide Streitkräfte inzwischen mit Mittelstreckenraketen, Kampfflugzeugen und Artillerie gegenüber, andere Einheiten wurden verstärkt.

Die sieben führenden Industrienationen und Russland (G-8) riefen die beiden Länder zur Mäßigung auf, die in den vergangenen 50 Jahren drei Kriege gegeneinander führten. Die G-8 brachten ihre tiefe Besorgnis über die eskalierenden Spannungen zum Ausdruck und riefen beide Seiten auf, zum politischen Dialog zurückzukehren. Pakistan wurde zudem aufgefordert, den Terrorismus wirksamer zu bekämpfen. Der Terroranschlag auf das indische Parlament, bei dem Mitte Dezember 14 Menschen getötet wurden, wurde ausdrücklich verurteilt. Indien macht dafür Pakistan mitverantwortlich, Islamabad wies die Vorwürfe zurück.

Am Donnerstag hatten die Regierungen in Neu-Delhi und Islamabad beschlossen, die Hälfte des jeweils anderen Botschaftspersonals auszuweisen. Die Bewegungsfreiheit der verbleibenden Diplomaten wurde auf das Gebiet der beiden Hauptstädte beschränkt. Zudem verboten die Regierungen den Fluglinien der Nachbarländer die Nutzung ihres Luftraums. Neu-Delhi sagte am Freitag allerdings zu, Musharraf auf Anfrage das Überfliegen des indischen Luftraums auf dem Weg zum Südasien-Gipfel in der kommenden Woche in Nepal zu gestatten. Aus pakistanischen Regierungskreisen verlautete, Musharraf werde eine andere Flugroute benutzen.

(RPO Archiv)
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